Von Wolf Stegemann
Immer wieder hatte sich Gauleiter Karl Holz in Rothenburger Belange einzumischen. Vor allem in den letzten Kriegsmonaten, als ab September 1944 der Volkssturm, Hitlers letzte Bataillone aus Jungen und alten Männern, Kranken und Kurzsichtigen aufgestellt wurde, um die Heimat an den Grenzen und die Dörfer und Städte im Landesinneren zu verteidigen. Denn der Volkssturm war militärisch der Wehrmacht, organisatorisch aber der NSDAP und somit den Gauleitern unterstellt. Oberster Chef des Rothenburger Volkssturms, der u. a. an der Oderfront im Osten eingesetzt war, war Gauleiter Karl Holz in Nürnberg. Da Nürnberg immer wieder stark bombardiert wurde, verlegte Karl Holz seinen Sitz im März 1945 vorübergehend ins Wildbad nach Rothenburg.
In den 1930er-Jahren war er zu allen Anlässen ein gern gesehener Parteiredner in Rothenburg, der die Rothenburger stets offen und kompromisslos auf die Vernichtung des Judentums einschwor. So bei NSDAPKreistagen in Rothenburg oder bei der Einweihung des neuen Kreishauses 1936 (siehe dort).
Ein persönlicher Freund von Julius Streicher
Der 1895 in Nürnberg geborene Sohn eines Lichtdruckers war gelernter Kaufmann, war Infanterist im Ersten Weltkrieg und danach städtischer Angestellter im Nürnberger Rathaus. Über Julius Streicher und dessen Deutschnationale Partei kam er 1922 in die NSDAP und erhielt die Mitgliedsnummer 77. In der SA blieb er mit dem Rang eines Sturmführers bis 1933. Von 1924 bis 1932 gehörte er dem Nürnberger Stadtrat zeitweise auch als Fraktionsführer seiner Partei an. Im Februar 1925 schied er aus städtischen Diensten aus und führte bis 1933 die „Großdeutsche Buchhandlung“ in Nürnberg. Mehrmals wurde Holz wegen Verleumdung seiner politischen Gegner zu Geld- und kurzen Haftstrafen verurteilt. 1925/26 führte er die Geschäftsstelle der NSDAP-Gauleitung Nordbayern. Für das antisemitische Hetzblatt „Der Stürmer“ war er von 1927 bis 1933 verantwortlicher Schriftleiter und bis 1938 Chefredakteur der von Julius Streicher herausgegebenen antisemitisch-pornografischen Wochenzeitung. 1932 in den Bayerischen Landtag gewählt, erhielt Holz nach der Machtübernahme 1933 die Funktion eines Ministerialrats, wurde 1933 auch Mitglied des Reichstags und 1935 Ratsherr in Nürnberg.
Zwanzig politische Strafverfahren
In der politischen Auseinandersetzung war Karl Holz ebenso rücksichtslos wie sein Freund Julius Streicher. Holz rühmte sich, vor 1933 zwanzig Straftaten begangen zu haben, fünf davon wurden mit Gefängnisstrafe geahndet. Von 1933 bis Juli 1934 war er NSDAP-Kreisleiter von Nürnberg-Stadt, war Streichers Stellvertreter als Gauleiter und ab 1937 SA-Brigadeführer, später SA-Gruppenführer.
1939 wurde Karl Holz als Unteroffizier zur Wehrmacht eingezogen (bis April 1941). Wegen Unregelmäßigkeiten bei der „Arisierung“ jüdischen Vermögens in Zusammenhang mit einer Untersuchung gegen Julius Streicher wurde Holz vorübergehend aller Ämter enthoben. Streicher hatte „arisiertes“ Vermögen nicht dem Reich zugeführt, sondern für eigene Zwecke verwendet und war dabei von Holz unterstützt worden. Problematisch war seinerzeit nicht der Diebstahl selbst, sondern lediglich die Verwertung der Beute.
Seit November 1942 zum Reichsverteidigungskommissar von Franken ernannt, war Holz am 4. April 1942 mit der Führung des Gaues beauftragt worden. Im November 1944 wurde er zum Gauleiter von Franken ernannt. Zudem war er Generalbevollmächtigter für den „Arbeitseinsatz“ und den „totalen Kriegseinsatz“. Holz leitete bei Kriegsende auch den Volkssturm in Franken.
Hat er Nürnbergs NS-Bürgermeister Liebel erschossen?
Als die Amerikaner am 18. April 1945 in Nürnberg eindrangen, verschanzte sich Karl Holz mit einer kleinen Gruppe im Palmenhofbunker beim Nürnberger Polizeipräsidium. Darunter war auch der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Willy Lieber. Es wird gemutmaßt, dass Holz Willy Lieber aufgrund dessen Bestrebungen, die Stadt zu übergeben und den Kampf einzustellen, sowie aufgrund der jahrelangen Rivalität um die Machtposition innerhalb der Nürnberger NSDAP im Palmenhofbunker erschossen hat. Karl Holz starb während der Kampfhandlungen im Polizeipräsidium am 20. April 1945.
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