W. St. – Er aß kein Fleisch, trank nicht und rauchte nicht. Doch selbstlos war Adolf Hitler nicht. Die von Hitler selbst gestrickte Legende vom asketischen, opferbereiten, selbstlosen „Führer“ im Dienste seines Volkes, der sogar auf sein Gehalt als Reichskanzler verzichtet habe, ist so langlebig wie falsch. Als er 1945 Selbstmord beging, war er ein schwerreicher Mann. Schon zu Beginn seiner „Karriere“ verfügte Hitler über genügend Einkünfte – wohlhabende Spender aus der Industrie finanzierten ihn heimlich. Als er an der Macht war, schien der Geldstrom kein Ende mehr zu nehmen.
Neue Erkenntnisse belegen, wie der Diktator sich bereicherte und skrupellos Millionen ausgab. Die Schar der Hitler-Biografen hat den Aspekt der privaten Vermögensverhältnisse Hitlers nach Ansicht des Fernsehjournalisten Ingo Helm stark vernachlässigt. Durch Forschungsarbeiten wurde erst nach dem Jahr 2000 bekannt, dass Adolf Hitler rund 20 Millionen Reichsmark in eine Führer-Residenz in Posen gesteckt hat. Bis 1945 lief das Projekt, ein von Kaiser Wilhelm II. gebautes Schloss auszubauen, unter Geheimhaltung. Um den Bau anzuschieben, schoss Hitler zwei Millionen Reichsmark aus seiner Privatschatulle vor, das entspricht abhängig vom Umrechnungsparameter rund 10 bis 16 Millionen Euro. Woher hatte er das Geld?
Industrie-Spenden, „Mein Kampf“-Tantiemen, Briefmarken-Verkaufsanteile
Schon früh wurde er auch aus dem Ausland unterstützt – etwa von Henry Ford, der seit 1922 spendete. Später überwiesen auf Geheiß des US-Industriellen die deutschen Ford-Werke jährlich 50.000 Mark als Geburtstagsgeschenk auf Hitlers Privatkonto.
Zahlreiche deutsche Großunternehmen, die mit Zuwendungen die Gunst des Diktators erkaufen wollten, bemühten sich nach dem Krieg, kompromittierende Spuren zu verwischen. Doch gerade die „Adolf Hitler-Spende der deutschen Industrie“ brachte zwischen 1933 und 1945 insgesamt 700 Millionen Reichsmark in einen Fonds, der zur „persönlichen Verfügung des Führers“ stand.
Wohlhabende Damen und Sympathisanten der rechten Szene spendeten ihm schon vor 1933 großzügig Geld. Nahezu acht Millionen Reichsmark an Tantiemen bekam er für seinen staatlich zum Besteller gemachten Bestseller „Mein Kampf“ – ein Geschenk für alle Neuvermählten. Daraus stammten die 100 Millionen Mark, mit denen Hitler das „Führergebiet Obersalzberg“ ausbauen ließ, noch einmal 100 Millionen flossen zudem in den Aufbau einer Kunstsammlung für das geplante „Führer-Museum“, das in seiner Heimatstadt Linz entstehen sollte. Hitler bereicherte sich schamlos aus der Parteikasse der NSDAP, skrupellos bediente er sich aus dem Staatshaushalt und erhielt zahlreiche Erbschaften von Parteigenossen. Ein nicht unbeträchtliches Vermögen floss ihm aus Anteilen des Verkaufs von Briefmarken mit seinem Porträt zu. Und das alles in die Taschen des Reichskanzlers und „Reichspräsidenten“, der zudem ab 1934 für beide Ämter gesonderte Vergütungen kassierte. Umstritten ist allerdings die These, Hitler sei an den Einnahmen aus der Verbreitung von Fotos mit ihm beteiligt gewesen. Der Fotograf Heinrich Hoffmann habe die Urheberrechte für „fotografische Bildwerke“ von Hitler dem Gesetz nach für zehn Jahre besessen. Auf Hitlers Weisung hin seien sie dann auf 20 Jahre erhöht worden.
Hitler unterschied nicht zwischen Privat-, Partei- und Staatsvermögen
Laut dem Journalisten Helm gibt es Parallelen zwischen Hitlers Macht- und Hitlers Geldanhäufung. „Geld, Macht und Aufstieg – das war Balsam für die gequälte Seele des verletzten Genies“, sagte Helm gegenüber SPIEGEL ONLINE. So, wie er alle Macht auf sich vereinigte, so häufte er Vermögen an und gab auf geradezu unmoralische Weise Millionen aus. Schon während seiner Zeit als Kunstmaler, als Soldat und Spitzel fürs Militär, hatte Hitler unter Anflügen von Größenwahn über seine Verhältnisse gelebt. Später unterschied er zwischen seinem privaten Vermögen und dem der Partei oder des Staates immer weniger: etwa beim Ausbau seines Sommersitzes auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden oder beim Aufbau einer gigantomanischen Kunstsammlung. Millionenbeträge wurden auch für den Erhalt der Macht ausgegeben. Geschenke („Dotationen“) von fürstlichem Zuschnitt machte der Mann seinen Paladinen, Generalfeldmarschällen und anderen ihm zu Dienste stehenden Nationalsozialisten, er, der sich gerne als Asket darstellte, um sich die Treue einflussreicher Personen zu sichern und unsichere Kantonisten an sich zu binden.
Steuern nicht gezahlt – Verfahren niedergeschlagen
Zwar gab der „Völkische Beobachter“” am 7. Februar 1933 in Sperrdruck auf der Titelseite bekannt: „Wie die Reichspressestelle der NSDAP mitteilt, bezieht der Führer als Reichskanzler kein Gehalt, er hat, da er sich als Schriftsteller sein Einkommen selbst verdient, auf die Bezüge als Reichskanzler Verzicht geleistet.“ Mit dieser demonstrativen Bescheidenheit war es allerdings bald wieder vorbei, denn ab 1934 bezog Hitler dann wieder sein Gehalt als Reichskanzler – und seit dem 2. August 1934, dem Todestag Paul von Hindenburgs, das des Reichspräsidenten gleich noch dazu.
Ein ähnlich hässliches, wenig bekanntes Geheimnis rankt sich um Hitlers Steuerehrlichkeit. Denn Geldverdienen macht nur halb soviel Freude, wenn man einen mehr oder weniger großen Teil seiner Einkünfte dem Staat abtreten muss. Hitler hatte schon vor seiner Machtübernahme immer wieder Schwierigkeiten mit dem Finanzamt gehabt. 1933 war schließlich eine Steuerschuld von 405.494 Reichsmark aufgelaufen – immerhin das Achtfache seines offiziellen Reichskanzlergehalts von 29.900 Reichsmark plus 18.000 Reichsmark Aufwandsentschädigung pro Jahr. Doch das zwangsläufig folgende Steuerstrafverfahren ließ Hitler einfach niederschlagen; praktischerweise ließ er gleich noch die eigenen Einkünfte und seine an verdiente Beamte und Generäle ausgezahlten Dotationen pauschal von der Einkommensteuer befreien.
Nach dem Krieg wurde Hitlers Vermögen durch den Alliierten Kontrollrat an den Freistaat Bayern übertragen. Die Einkünfte aus den Schriften Hitlers wollen dessen Erben, das sind die Halbschwester und die Nachfahren von Hitlers Mutter, die im österreichischen Waldviertel leben, von Bayern zurückhaben.
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