Verfahren gegen Würzburger Gestapo-Beamte wegen Mord, Freiheitsberaubung oder Massenerschießungen wurden meist eingestellt oder mit Freisprüchen beendet

Das nach der Zerstörung im Krieg wieder aufgebaute Landgericht Würburg

Das nach der Zerstörung im Krieg wieder aufgebaute Landgericht Würburg

  • Vorbemerkung: Bei dieser Liste der Strafverfahren gegen Würzburger Gestapo-Beamte wegen innerdeutscher Verbrechen und Verbrechen während des Kriegs im Osten handelt es sich um eine Auflistung der Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg aus dem Jahre 1988, die von dort an Prof. Robert Gellately vom Huron College in Ontario (Kanada) geschickt wurde. Robert Gellately ist der Autor des Buches „Die Gestapo und die deutsche Gesellschaft. Die Durchsetzung der Rassenpolitik 1933-1945“ (Paderborn 1994), dem diese Aufstellung auszugsweise entnommen und hier mit textlichen Zusammenfassungen, Kürzungen, Umformulierungen und Ergänzungen überarbeitet ist.

Schon 1948 wurden das erste Strafverfahren gegen Angehörige der Gestapoaußenstelle Würzburg, die ab 1941 als Filiale der Nürnberger Gestapo auch für Rothenburg ob der Tauber zuständig war, eröffnet (Az. Js 1/48). Gegenstand des Verfahrens war die Teilnahme der Angeklagten an Judendeportationen in Franken u. a. nach Riga, Trawniki, Izbica, Theresienstadt und Auschwitz. Dorthin sind auch Juden aus Rothenburg verschleppt worden, nachdem sie aus Rothenburg schon am 22. Oktober 1938 in andere Städte vertrieben worden waren.

Das Verfahren gegen die Gestapo-Beamten Karl Bauer, Ernst Gramowski, Oswald Gundelach und Michael Völkl wurde eingestellt. Gegen die Beschuldigten Georg Baumann, Stefan Goß, Helmuth Heißig, Franz Keil, Georg Krapp, Friedrich Krauß, Hans Laub, Balthasar Lutz, August Pössinger  Franz Schäffer, Hans Schilling, Georg Stolz, Georg Vogel, Franz Wittmann und Josef Zwingmann wurde von der Staatsanwaltschaft Würzburg zur Großen Strafkammer des Landgerichts Würzburg Anklage erhoben  (Az.: KLs 63/48 des Landgerichts Würzburg). In diesem Strafverfahren wurden mit Urteil vom 30. April 1949 die Angeklagten Helmuth Heißig, August Pössinger und Franz Wittmann freigesprochen. Die übrigen Angeklagten wurden von der Großen Strafkammer des Landgerichts Würzburg wegen eines Verbrechens der Beihilfe zu Verbrechen der Freiheitsberaubung im Amt verurteilt zu Gefängnisstrafen zwischen sechs und 14 Monaten verurteilt. Auf die von den Verurteilten eingelegte Revision hin wurde das Urteil mit Urteil des Bayerischen Obersten Landes­gerichts vom 15. November 1950 aufgehoben. Die Sache wurde vom Bayerischen Obersten Landesgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Schwurgericht beim Landgericht Nürn­berg-Fürth zurückverwiesen. In dem Verfahren 213 Ks 1/51 des Schwurgerichts beim Landgericht Nürnberg-Fürth wurden mit Ausnahme des zwischenzeitlich verstorbenen Krauß sämt­liche in dem Würzburger Verfahren verurteilten Angeklagten freigesprochen.

Josef Gerum – Freispruch und Einstellungen seiner Verfahren

Israelitische Bayerische Gemeindezeitung vom 15. September 1937

Isr. Bayerische Gemeindezeitung vom 15. September 1937

Ein weiteres Verfahren gegen den Gestapo-Beamten Josef Gerum (Js 1862/57) der Staatsanwaltschaft München I wurde am 10. Dezember 1958 eingestellt. Gegenstand des Verfahrens ist unbekannt. Weitere Verfahren gegen Josef Gerum: Das Verfahren  Js 6665/52 der Staatsanwaltschaft Wurzburg wegen  Freiheitsberaubung mit Todesfolge zum Nachteil des jüdischen Rechtsanwalts Dr. Adler aus Würzburg wurde am 25. Juli 1953 eingestellt. Das Verfahren Js 151/48 der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Festnahme des Schriftstellers Nebuschka wurde am 23. Januar 1950 gestellt. Das Verfahren Js 55/49 der Staatsanwaltschaft Würzburg gegen Gerum u. a. wegen Aussageerpressung von politischen Häft­lingen vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Würzburg (Az.: KLs 44/56 des Landgerichts Wurzburg) endete am 22. Oktober 1952 mit einem Freispruch. Ein weiteres Verfahren (Js 404/52) der Staatsanwaltschaft München I gegen Gerum wurde eingestellt, der Verfahrensgegenstand unbekannt (siehe eigenen Bericht über Gerum in dieser Dokumentation).

Ernst Gramowski – auch Mordverfahren wurden eingestellt

Das Verfahren gegen den Gestapo-Beamten Ernst Gramowski und acht andere wegen Beihilfe zum Mord (Aussonderung sowjetischer Kriegsgefangener) wurde im Hinblick auf Ernst Gramowski mit Verfügung vom 9. Juni 1950 vorläufig eingestellt, weil dessen Aufenthaltsort unbekannt war. Das Verfahren gegen Gramowski (Js 33/70) der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Massenerschießungen, begangen von Angehörigen des Einsatzkommandos T/3 bzw. des KdS Lublin in der Zeit von September bis Dezember 1939 wurde mit Ver­fügung vom 15. Juli 1970 eingestellt, ebenso das Verfahren  (1a Js 275/70) der Staatsanwaltschaft Schweinfurt wegen Aussonderung so genannter untragbarer russischer Kriegsgefangener im Offizierslager Hammelburg mit Verfügung vom 27. November 1970. Das Verfahren 7 Js 233/62 der Staatsanwaltschaft Wiesbaden gegen Gramowski wegen Beihilfe zum Mord wurde eingestellt.

Gegen Ernst Gramowski und Oswald Gundelach strengte die Staatsanwaltschaft Würzburg ein Verfahren wegen Teilnahme an Judendeportationen im Bereich der Staatspolizeiaußenstelle Würzburg in den Jahren 1941  bis 1943 an (Js 34/70); es wurde am 18. September 1970 eingestellt. Ein weiteres Verfahren (Js 24/70) gegen Ernst Gramowski und Karl Fibl wurde von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen Tötung eines polnischen Fremdarbeiters am 8. Juli.1942 durch Angehörige der Staatspolizeileitstelle Nürnberg und der Staatspolizei­außenstelle Würzburg geführt. Das Verfahren gegen Karl Fibl wurde am 19. September 1974 eingestellt, das gegen Ernst Gramowski hat sich durch dessen Tod erledigt.

Oswald Gundelach – lebenslängliche Strafe nach sechs Jahren beendet

Der Gestapo-Beamte Oswald Gundelach musste sich vor dem US-Militärgericht in Landsberg am Lech verantworten. Die Anklage ist unbekannt, Gundelach wurde am 3. April 1947 zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt und am 14. März 1953 nach Versbach bei Würzburg entlassen.

Balthasar Lutz – Verfahren wegen Massenmord durch Ableben erledigt

Gegen Lutz und 18 andere richtete sich das Verfahren 45 Js 3/61 der Zentralstelle Dortmund, welches Massener­schießungen von mindestens 7.000 Juden in der Zeit von März bis September 1942 durch ehemalige Angehörige des KdS Minsk, Hauptaußenstelle Wilejka, zum Gegenstand hatte. Das Verfahren wurde im Hinblick auf  Balthasar Lutz eingestellt.

Außerdem richtete sich gegen Lutz und andere das Verfahren 45 Js 16/73 der Zentralstelle Dortmund wegen Tötung von etwa 20.000 – 30.000 Juden im Rahmen der in Weißruthenien durchge­führten Maßnahmen zur „Endlösung der Judenfrage“ in den Jahren 1941 bis 1944 durch ehemalige Angehörige der Hauptaußenstelle Wilejka/des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD in Minsk sowie durch Angehörige mehrerer Gendarmerieposten und eines Gendarmeriezugs. Hinsichtlich Lutz hatte sich dieses Verfahren durch dessen Tod erledigt.

Johann Schilling – Aussageerpressung: Einstellung des Verfahrens

Gegen ihn und andere richtete sich das Verfahren 1 Js 55/49 der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Aussageerpressung u. a. Dieses Verfahren wurde eingestellt.

Georg Vogel – Aussageerpressung: Freispruch

Gegen Georg Vogel u. a. richtete sich das Verfahren 1 Js 55/49 der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Aussageer­pressung u. a. In diesem Verfahren wurde gegen Georg Vogel und Franz Wittmann zur Großen Strafkammer des Land­gerichts Würzburg Anklage erhoben  (Az.: KLs 46/50 des Landge­richts Würzburg). Mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 12. Mai 1951 wurde Vogel freigesprochen, Franz Wittmann mit gleichem Urteil wegen Aussageerpressung u. a. zu einer Zuchthausstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt.

Dr. Otto Hellmuth

Dr. Otto Hellmuth

Dr. med. dent. Otto Hellmuth – alle Verfahren eingestellt

Das Verfahren 1  Js  151/48 der Staatsanwaltschaft Wurzburg gegen Dr. Otto Hellmuth (NSDAP-Gauleiter Mainfranken) wegen Festnahme des Schriftstellers Nebuschka wurde mit Verfügung vom 23. Januar 1950 eingestellt, ebenso das Verfahren Js 2711/50 der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Landfriedensbruchs, das Verfahren 1 Js 586/62 der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen NS-Gewalttaten sowie das Verfahren 1 Js 127/48 der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen schweren Landfriedensbruchs.

Dr.  Karl Wicklmayr – fünf KZ-Häftlinge getötet: 6 Jahre Zuchthaus

Dr. Wicklmayr wurde mit Urteil des Schwurgerichts beim Landgericht Würzburg vom 17. Mai 1952 wegen schwerer Frei­heitsberaubung zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt  (Az.: Ks 11/50 Landgericht Würzburg). Mit Urteil des Landgerichts München II vom 3. Juli 1951 wurde er wegen Tötung von 5 Häftlingen in der Zeit von März bis Mai 1933 im KL Dachau zu einer Zuchthaus­strafe von 6 Jahren verurteilt (12 Js 1649/48 StA München II, 12 Ks 5/51 LG München II). Gegen Dr. Wicklmayr richtete sich außerdem das Ver­fahren 11 Js 100/60 der Staatsanwaltschaft Landshut, das eingestellt wurde (Verfahrensgegenstand unbekannt).

 

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2 Kommentare zu Verfahren gegen Würzburger Gestapo-Beamte wegen Mord, Freiheitsberaubung oder Massenerschießungen wurden meist eingestellt oder mit Freisprüchen beendet

  1. Karl Hauske sagt:

    Solche Nachrichten sind mir nicht neu. Sie machen einen nur immer wieder aufs Neue wütend und traurig.
    (Habe gerade beim TV-Sender PHÖNIX eine Dokumentation über die “Arbeit” der Gestapo verfolgt.)

    Danke für Ihr Engagement!

  2. Wer 1945 und ein paar Jahre später noch an einen wirklichen Neuanfang geglaubt hat, wurden schnell eines Besseren belehrt. Die Opfer des Faschismus wurden schon bald wieder ausgegrenzt und die Nazis hockten auf ihren angestammten Plätzen. Wenn jetzt, ein halbes Jahrhundert danach, der Versuch von einer Minderheit gemacht wird, eine Erinnerungskultur in Deutschland zu begründen, steht die breiige Masse unberührt daneben und die Nazis marschieren unter dem Schutz von Verfassung und Polizei höhnisch lachend durch die Lande. Was 1945 versäumt wurde, trägt üppige Früchte.

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