Chronologie III: 1936 bis 1938 – Judenhetze in der Stadt auf dem Höhepunkt

"Herzog Friedrich v. Rothenburg" 1935; Foto: Sammlung Babel

Reichsarbeitsdienst (RAD) “Herzog Friedrich v. Rothenburg” 1935; Foto: Sammlung Babel

1936 – Neuer Bürgermeister Dr. Schmidt

In diesem Jahr beginnt die verstärkte Ausschaltung der Juden aus der Reichskulturkammer.

10. Januar: Dr. Martin Schütz (Lehrer, Archivar, Nationalsozialist und Antisemit) verlässt Rothenburg.

16. Januar: Eröffnung der Wasse-Galerie wird als ein wichtiger Abschnitt in der Kulturgeschichte Rothenburgs gesehen.

18. Januar: Reichsmodellbauschule I, ein Haus der Jugend wird im alten Zehlersgut (Hindenburgheim) untergebracht.

20. Januar:  Realschule und Progymnasium hissen offiziell die Hitlerjugend-Fahne.

1./2. Februar: Große Verkaufsaktion aller Rothenburger NS-Organisationen für das Winterhilfswerk (WHW).

Hetztafel am Rödertor

Hetztafel am Rödertor

13. Februar: Der Geburtstag des Frankenführers Julius Streicher wird als ein „geschichtlicher Tag für Rothenburg“ angesehen. Die antisemitischen Rothenburger Mahntafel, gefertigt von Ernst Unbehauen, wird am Torhäuschen vor dem Rödertor enthüllt. „Die Weltgeschichte nennt die Namen der Völker, die am Juden zugrunde gingen. Ihr tragisches Ende ist eine furchtbare Mahnung für die Völker, die noch am Leben sind.“

6. März: Obersturmbannführer Georg Arlt wird zum 3. Beigeordneten berufen. – Beigeordneter Dr. Apfelbeck übernimmt während des Krankheitsurlaubes von Oberbürgermeister Dr. Liebermann die Amtsgeschäfte.

7. März: Besetzung des (lt. Versailler Vertrag entmilitarisierten) Rheinlandes (Völkerbund).

29. März: „Reichstagswahlen“ mit 99 Prozent Ja-Stimmen.

1. April: Das Arbeitsdienstlager (RAD) „Herzog Friedrich von Rothenburg“ an der Topplerschule erhält mit 161 Mann aus Thüringen, dem Rheinland und aus Bayern eine neue Mannschaft, die vom Generalarbeitsführer Schinnerer begrüßt wird. – Der spätere Bürgermeister Dr. Friedrich Schmidt wird Erster Beigeordneter. – Tierarzt Dr. Apfelbeck verlässt Rothenburg aus beruflichen Gründen, neuer Ortsgruppenleiter wird der bisherige Stellvertreter Siegfried Wobst, Vertreter der Kreisleitung wird Herr Höfler.

Unwetterkatastrophe: Land unter (Spitalgasse)

Unwetterkatastrophe: Land unter (Spitalgasse)

16. April: Generalarbeitsführer Schinnerer besucht das Arbeitsdienst-Lager.

24. April: Der Sturmführer Menhorn übernimmt die Reiterstandarte 78.

4. Mai: Der kommissarische NSDAP-Kreisleiter Steinacker wird vom Führer zum regulären Kreisleiter ernannt.

10. Mai: Furchtbare Unwetterkatastrophe. Ungewöhnlich starker Hagelschlag verwüstet einen großen Teil des Rothenburger Bezirks. Starke Verheerungen auch in der Stadt.

15. Mai: Der Deutsche Reichsbauernrat tagt in Rothenburg mit Reichsbauernführer R. Walther Darré und Reichsführer-SS Himmler. Frankenführer Julius Streicher begrüßt den Reichsbauernrat.

20. Mai: Unter Teilnahme Ludwig Sieberts wird das Rothenburger Stadtmusuem (Reichsstadtmuseum) eröffnet.

13. Juni: SS-Hauptsturmführer Kitzinger nimmt Abschied von Rothenburg.

Der Schäfertanz in Hamburg

Der Schäfertanz in Hamburg

25. Juni: Einweihung des  Tierheims in Rothenburg.

29. Juli -1. August: Historischer Schäfertanz und Hans Sachs-Vereinigung auf dem Freizeit-Weltkongress in Hamburg.

1. August: Vor den Olympischen Spiele in Berlin werden alle antijüdischen Schilder entfernt.

8. August: Im Sitzungssaal des Amtsgerichts wird der neue Amtsgerichtsdirektor  Oberamtsrichter Dr. Faber festlich in sein Amt eingeführt. – Teilnehmer des Weltkongresses für Freizeit und Erholung besuchen Rothenburg. Bulgaren, Franzosen und Dänen tanzen auf dem Marktplatz.

12. August: Der Herzog von Kent mit Gefolge und die Frau des italienischen Propagandaministers besuchen Rothenburg.

30. August: Auf ihrem Adolf-Hitler-Marsch der Hitlerjugend von Frankfurt zum Reichsparteitag nach Nürnberg halten sich die Marschierer zwei Tage lang in Rothenburg auf.

1. September: Oberbürgermeister Dr. Liebermann im Ruhestand.

3. September: 550 Ordensjunker der NSDAP-Ordensburg Vogelsang (Eifel) sind in Rothenburg zu Besuch.

Bürgermeister Dr. jur. Schmidt

Bürgermeister Dr. jur. Schmidt

19. September: Manöver des V. Armeekorps. In Rothenburg nehmen 250 Mann der Artillerie mit 200 Pferden Quartier.

17. September: Maßnahmen gegen Arbeitsscheue. Ein hiesiger verheirateter Mechaniker wird durch Beschluss des Bürgermeisters der Stadt Rothenburg erneut in das Konzentrationslager Dachau gebracht, weil er sich dauernd der Unterhaltspflicht gegenüber seiner Familie entzogen hatte.

24. September: Reichsminister Dr. Frick in Rothenburg.

2. Oktober: Erster Beigeordneter Dr. Schmidt wird zum hauptamtlichen ersten Bürgermeister der Stadt Rothenburg berufen.

9. Oktober: Eröffnung des Winterhilfswerk im Gau Franken in Nürnberg.

10. Oktober: Volkszählung. In Rothenburg wohnen  9.089 Personen (4.272 Männer, 4.817 Frauen). Dazu kommen noch 148 Angehörige des Reichsarbeitsdienstes und 100 Personen der Reichsmodellbauschule.

11. Oktober: Kreistag der NSDAP im Kreis Rothenburg.

12. Oktober: Das Kreishaus der NSDAP in der Herrngasse wird seiner Bestimmung übergeben.

Unbehauen-Wandbild im NSDAP-Kreishaus

Unbehauen-Wandbild im NSDAP-Kreishaus

25. Oktober: Verkündung der „Achse Berlin – Rom“.

29. Oktober:. Kreisleiter Steinacker wird ab 1. November 1936 bis auf weiteres zur Dienstleistung im Stab des Stellvertreters des Führers Heß einberufen. Die Vertretung überrnimmt Kreispropagandaleiter Höfler.

10. November: Die NSDAP-Kreisleiter eröffnet in der Herrngasse ein neues NSDAP-Kreishaus.

19. November: Adolf Hitler übernimmt die Ehrenpatenschaft für das neunte Kind des Ehepaars Friedrich Scheuber.

27. November: Durch die „Anordnung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda über Kunstkritik“ wird die Kunstkritik durch den „Kunstbericht“ ersetzt. – Ein begeisterter Freund Alt-Rothenburgs, der Direktor des faschistischen Kulturinstituts in Florenz, Dr. Luchini, stellte Rothenburg in den Mittelpunkt seines neu erschienenen Romans.

28. November: Bayerns NS-Ministerpräsident und frühere Rothenburger Bürgermeister Ludwig Siebert erhält von Adolf Hitler das Goldene Parteiabzeichen.

1. Dezember: Die Hitlerjugend wird Staatsjugend.

19. Dezember: Der erste Rothenburger Weihnachtsmarkt wird wieder eröffnet.

"Stürmer"-Kästen gab es in alles deutschen Städten; in Rothenburg in der Herrngasse

“Stürmer”-Kästen gab es in allen deutschen Städten; in Rothenburg in der Herrngasse

1937 – Hetztafeln an den Stadttoren

In diesem Jahr ist die „Arisierung“ des jüdischen Kunsthandels in Deutschland weitgehend abgeschlossen, noch vor der systematischen „Arisierungswelle“ des Jahres 1938.

6. Januar: Gauleiter Julius Streicher besucht Rothenburg.

12. Januar: Die Mitglieder der Reichsschrifttumskammer werden aufgefordert, Verlagsunternehmen anzuzeigen, die Juden beschäftigen.

30. Januar: Verlängerung des Ermächtigungsgesetzes um vier Jahre. – Verkündung der Revision des Versailler Vertrags.

3. Februar: Über zwei männliche Alkoholiker hat der Bürgermeister mit sofortiger Wirksamkeit ein Alkoholverbot verhängt.

12. Februar: Große Feier in Rothenburg aus Anlass des Geburtstags von Gauleiter Julius Streicher.

17. Februar: Die Erziehungsberechtigten hatten sich mit überwältigender Mehrheit für die Gemeinschaftsschule erklärt. Einführung im Dezember 1937.

9.–14. März: Bürgermeister Dr. Schmidt eröffnet die Ausstellung „Blut und Rasse“, die von 2.400 Rothenburgern und Touristen besucht werden wird.

Reichsjugendführer Baldur von Schirach

Reichsjugendführer B. von Schirach

17. März: Dichter Heinrich Anacker auf Einladung des Kulturkreises der SA in Rothenburg.

25. März: Reichsjugendführer Baldur von Schirach besucht in Rothenburg.

30. März (Ostern): Osterbotschaft im „Stürmer“: Vor 2000 Jahren wurde Christus von den Juden unter ihrem Hohngelächter auf Golgatha ans Kreuz genagelt, Dieser Kreuzestod war der größte Ritualmord aller Zeiten. Über den Kampf, den Christus gegen das Judentum führte und über den Antisemitismus des Urchristentums berichtet der Stürmer in einer vor Ostern erscheinenden Sondernummer „Judentum gegen Christentum“.

1. April: Australiens Ministerpräsident Dunstan zu Besuch in Rothenburg.

20. April: Rothenburgs neue NSDAP-Beigeordnete: Heinrich Erhard zum ersten, Ortsgruppenleiter Götz zum zweiten Beigeordneten der Stadt berufen.

22./23. April: In Rothenburg findet die Schulungstagung der SA-Gruppe Franken statt. Schulungsleiter ist Gruppenführer Hans Günter von Obernitz. Der Rothenburger SA-Obertruppführer Dieter Edelhäuser unterrichtet die „Alten Kämpfer“ in strategischer Kriegsführung.

14. Mai: Der Schillingsfürster Wilhelm Stegmann, in den 1920er-Jahren Gründer vieler NSDAP-Ortsgruppen in Mittelfranken, auch der von Rothenburg, wird vom Landgericht Nürnberg-Fürth wegen Hausfriedensbruch u. a. zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Stegmann wurde bereits 1933 aus der SA und Partei ausgeschlossen, weil er sich gegen den Frankenführer Streicher aufgelehnt hatte. Er kam ins KZ.

24. Mai: Die Soldatenkameradschaft Rothenburg erhält eine Fahne. Ein militärisches Schauspiel für unsere Stadt.

Gauleiter Albert Forster zu Besuch in der Stadt

Gauleiter Albert Forster zu Besuch in der Stadt

28. Mai: Gauleiter Forster aus Danzig in Rothenburg.

19. Juli: In München wird die Ausstellung „Entartete Kunst“ eröffnet, die eine massive Verschärfung des Kampfes gegen die moderne Kunst markiert. Zuvor ist ab Anfang Juli in einer ersten Beschlagnahmeaktion Museumsbesitz aus 23 Städten für diese Ausstellung requiriert worden. Ab August 1937 folgt eine zweite Beschlagnahme, der nahezu die gesamten Museumsbestände moderner Kunst zum Opfer fallen. Insgesamt sind fast 20.000 Werke aus 101 Museen und Sammlungen betroffen. In Einzelfällen gehören dazu auch in den Museen befindliche Leihgaben aus Privatbesitz.

20. Juli: Die Kreis-NSDAP unternimmt im Kreis Rothenburg einen Werbefeldzug für die antisemitische Hetzzeitung „Der Stürmer“.

1. August: An den Rothenburger Stadttoren werden antisemitische Hetztafeln angebracht, die Ernst Unbehauen angefertigt hat, wofür er vom Gauleiter belobigt wird.

16. August: Errichtung des Hilfswerks Alt-Rothenburg durch den Bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert zur Instandsetzung von Türmen und Mauern. Beginn der Arbeiten am 20. November 1937.

7. September: Der Gauleiter von Saarpfalz, Josef Bürckel, besucht Rothenburg.

20. Oktober: Christian’s Abschied von der Ortsgruppe Rothenburg der NSDAP. Stadtgärtner Denzner wird vorläufig neuer Ortsgruppenpropagandaleiter.

30. Oktober: Die Rothenburger Tageszeitung „Fränkischer Anzeiger“ wird amtliches Organ der NSDAP.

Im November: Dr. Martin Schütz hält vor regionaler NSDAP-Prominenz im Rothenburger Rathaus einen antisemitischen Vortrag über die angeblichen Schandtaten der Juden in Rothenburg.

Ab 3. November: Mehrtägige Gründungsfeier 10 Jahre NSDAP-Ortsgruppe Rothenburg.

4. November: In sieben Rothenburger Gaststätten finden so genannte Zellenabende der NSDAP statt. Die Rothenburger legten ein Berkenntnis zum Nationalsozialismus ab.

7. November: Massenkundgebung der NSDAP auf dem Marktplatz. Es sprach der Nürnberger Gauamtsleiter Fink.

15. November: Richtfest eines Teilabschnitts der Wohnanlage „Heckenacker“ für Kleinsiedler.

22. November: Der Geschäftsmann Johann Friedle wird festgenommen und bis 14. März 1938 gefangen gehalten.

23. November: 200 Politische Leiter der NSDAP besuchen Rothenburg.

27. November: Das jüdisches Ladengeschäft in der Kirchgasse 1, bisher im Besitz der jüdischen Familie Westheimer, wird „arisiert“.

29. November: Schulungsfahrt zum Besuch der Ausstellungen „Entartete Kunst“ und „Der ewige Jude“ nach München.

30. November: In Schutzhaft genommen werden der Land- und Gastwirt Georg Hörner von Mittelstetten wegen „Sabotage der Versammlungs- und Aufklärungsarbeit der NSDAP“ und wegen Devisenvergehens der Rothenburger Schausteller Johann Friedle, Nuschweg 7. Sein gesamtes Vermögen wird beschlagnahmt.

2. Dezember: Die Gemeinschaftsschule im Kreis Rothenburg wird eingeführt. Ein überwältigendes Bekenntnis der Erziehungsberechtigten zur Gemeinschaftsschule.

1937: Der Fremdenverkehr in Rothenburg ob der Tauber: 73.000 Besucher mit 140.000 Übernachtungen, außerdem 800.000 Tagesbesucher.

"Fränkischer Anzeiger" vom 22. Oktober 1938 (Ausriss)

“Fränkischer Anzeiger” vom 22. Oktober 1938 (Ausriss)

1938 – Vertreibung der Rothenburger Juden

Anfang des Jahres ziehen 57 jüdische Bürger aus Rothenburg weg.

4. Februar: Entlassung des Reichskriegsministers von Blomberg und des Oberbefehlshabers des Heeres von Fritsch. Hitler wird im Erlass über die Führung der Wehrmacht „Oberbefehlshaber der Wehrmacht“.

19. Januar: Rothenburg, bisher im Besitz einer sechsklassigen Mittelschule (Realschule und Progymnasium), behält nunmehr nur noch eine fünfklassige Oberschule.

Antisemitisches Buch über die jüdische Geschichte Rothenburgs

Antisemitisches Buch über die jüdische Geschichte Rothenburgs

20. Februar: Hitler erklärt das Reich als Schirm aller Deutschen. Verkündung des „Großdeutschen Reiches“.

11. März: Einmarsch deutscher Truppen in Österreich.

21. März: NSDAP-Kreisleiter Steinacker nach Wien berufen (bis 16. April).

27. März: 1.000 österreichische Volksgenossen besuchen Rothenburg.

14. April: 114 italienische Männer und fünf Frauen werden als landwirtschaftliche Arbeiter in den Kreisen Ansbach und Rothenburg verteilt.

20. April: Rothenburger Nationalsozialisten und die Bürgerschaft feiern öffentlich Hitlers Geburtstag.

26. April: Die „Verordnung über die Anmeldepflicht jüdischen Vermögens“ bereitet das spätere Gewerbeverbot sowie die Enteignung vor.

28. April: Eröffnung der neuen Geschäfts- und Werbestelle der Orts-Kreisgruppe Rothenburg des Reichsluftschutzbundes. – 200 jugendliche Österreicher erleben Rothenburg.

9. Mai: Das antisemitische Buch von Martin Schütz „Eine Reichsstadt wehrt sich. Rothenburg ob der Tauber im Kampf gegen den Juden“ ist erschienen. Der Reinerlös des Buches fließt dem NSDAP-Ehrenfond zur Errichtung einer Gedächtnishalle für die Gefallenen der Bewegung im Kreishaus zu. Schon 14 Tage nach Erscheinen sind 1.000 Exemplare verkauft.

Antisemitischer Handzettel

Antisemitischer Handzettel

31. Mai: Arisierung: Das jüdische Anwesen Untere Schmiedgasse 5 ist durch Kauf in den Besitz des Malermeisters Max Hufnagel übergegangen. Das auf dem Anwesen betriebene Textilwarengeschäft wird von einem „arischen“ Geschäftsmann übernommen.

14. Juni: Die 3. Verordnung zum „Reichsbürgergesetz“ schafft die Grundlagen für die geplante „Arisierung“ der noch bestehenden jüdischen Betriebe.

20. Juni: Eröffnung des Arbeitsdienstlagers für die weibliche Jugend 23/131 in Siechhaus (40 Arbeitsmaiden).

23. Juni: Arisierung: Das Anwesen Herrngasse 28 wurde von Frl. Rosa Kühlwein von der Jüdin Fanny Loewenthal erworben.

29. Juni: Die Hans-Sachs-Vereinigung fährt zum Weltkongress für Freizeit und Erholung nach Rom.

25. Juli: Die feierliche Eingliederung des Soldatenbundes in den NS-Reichskriegerbund.

17. August: Juden müssen zwangsweise die Vornamen „Sara“ bzw. „Israel“ annehmen.

23. August: Englische Kraftfahrt-Journalisten in Rothenburg.

Münchner Abkommen (Siebert links)

Münchner Abkommen (Siebert links)

20. September: Münchner Konferenz zwischen Mussolini, Chamberlain, Daladier und Hitler mit dem Beschluss zur Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland (Münchener Abkommen). Am folgenden Tag gemeinsame Erklärung Hitlers und Chamberlains.

5. September: Der frühere Führer des Bannes 308,  Albert Roderer, Leiter der Abteilung Heimbeschaffung in Franken, wird zum Oberbannführer ernannt.

29. September: Der letzte jüdische Gewerbebetrieb, die Viehhandelung Samson und Siegmund Wurzinger werden abgemeldet. Dazu der „Fränkische Anzeiger“: „Wir freuen uns, gerade in diesen Tagen der Bevölkerung des Kreises diese wichtige Mitteilung machen zu können.“

1. Oktober: Beginn des Einmarsches dt. Truppen in die sudetendeutschen Gebiete.

20. Oktober: Die im Egerland eingesetzt gewesene Rothenburger RAD-Abteilung 6/282 kehrt nach mehrwöchentlicher Abwesenheit wieder nach Rothenburg zurück.

21. Oktober: Erste Weisung Hitlers zur „Erledigung der Resttschechei“.

22. Oktober: Gewaltsame Vertreibung der letzten in Rothenburg noch wohnenden Juden. Dazu die Lokalzeitung: „Unser Rothenburg ist Judenfrei! Ein Jahrhunderte langer Abwehrkampf unserer Vorfahren hat seine Erfüllung gefunden. (…) Kreisleiter Steinacker hat in einem Telegramm an Gauleiter Julius Streicher gemeldet, dass Rothenburg ab heute Judenfrei ist. Das Telegramm hat folgenden Wortlaut: ,Mein Gauleiter! am 2. Februar 1520 verließen einst alle Juden Rothenburgs die Tauberstadt. Nach nahezu 300-jährigem Abwehrkampf des Rates der Stadt konnten die Juden wieder in Rothenburg Einzug halten, nachdem im Jahre 1802 der Stadt das Selbstbestimmungsrecht genommen wurde. Heute, im Zeichen des gewaltigen Geschehens dieses Jahres, melde ich ihnen, mein Gauleiter, dass die Stadt und damit der gesamte Kreis Rothenburg wieder frei von Juden ist (sic!). Soeben haben die letzten Juden Rothenburgs – 20 Köpfe stark – die Stadt für immer verlassen. Franken voran! Heil Hitler! Ihr Steinacker.’“

Ein Beflaggung aus "Freude"

Ein Beflaggung aus “Freude”

27. Oktober: Rothenburg feiert die Vertreibung der Juden mit Freuden-Kundgebungen; vormittags die Schuljugend und nachmittags gibt es für die Alten und Bedürftigen Kaffee und Kuchen sowie ein buntes musikalisches Programm.

1. November: Abschied des Obersturmführers Seelmann vom SA-Sturm 21/19 in Rothenburg ob der Tauber.

7. November: Attentat des jüdischen Emigranten Herschel Grynszpan auf den Legationssekretär v. Rath in Paris.

9. November: Pogrom: Synagogen und Geschäfte in Deutschland werden zerstört und Juden verprügelt und ermordet, in Konzentrationslager verbracht und zur Ausreise genötigt (so genannte Reichskristallnacht).

Antisemitische Tafel am Spitaltor

Antisemitische Tafel am Spitaltor

12. November: Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben. – Mit der „Verordnung über die Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit“ werden die deutschen Juden kollektiv zur Zahlung von 1 Milliarde Reichsmark für die während der Reichspogromnacht am 9. November 1938 von Nazis verursachten Schäden verpflichtet. Die Glasversicherungen der Juden dürfen nicht ausgezahlt werden.

14. November: Juden wird der Besuch von deutschen Schulen und Hochschulen verboten.

Ab 15. November: Sitz des HJ-Bannes 308 wird auf Wunsch des Reichsjugendführers von Burgbernheim nach Rothenburg verlegt.

26. November: Rothenburg empfängt 800 sudetendeutsche Brüder. Ein herrliches, eindrucksvolles Erlebnis.

28. November: Polizeiverordnung über das Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit. Die örtlichen Behörden könne Juden räumliche und zeitliche Beschränkungen auferlegen, wonach sie bestimmte Bezirke, Straße oder Plätze nicht mehr betreten dürfen.

3. Dezember: Die „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“ forciert die „Arisierung“ jüdischer Vermögenswerte einschließlich von Kunstgegenständen jeglicher Art. Die noch vorhandenen jüdischen Kunstsammlungen werden systematisch beschlagnahmt und „verwertet“. – Das Sammeln für das Winterhilfswerk am „Tag der nationalen Solidarität“ erbringt im Kreis Rothenburg RM 6068.50, in der Stadt RM 4036.90.

6. Dezember: Unterzeichnung der dt.-frz. Nichtangriffserklärung in Paris. – Kreisleiter Steinacker wird mit sofortiger Wirkung zur Dienstleistung im Sudetengau eingesetzt. Während seiner Abwesenheit vertritt ihn Kreisamtsleiter Thoma.

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Chronologie I: 1920 bis 1932 – Der nationale Weg war vorgezeichnet
Chronologie II: 1933 bis 1935 – Legal und mit Rechtsbrüchen wird Deutschland Diktatur
Chronologie IV: 1939 bis 1945 – Im Blutrausch der Vernichtung bis zur Niederlage

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