Von Dr. Oliver Gußmann
Kaddisch der Trauernden: „Erhoben und geheiligt werde sein großer Name auf der Welt, die nach seinem Willen von Ihm erschaffen wurde – sein Reich erstehe in eurem Leben in euren Tagen und im Leben des ganzen Hauses Israel, schnell und in nächster Zeit, sprecht: Amen! Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten. Gepriesen und gerühmt, verherrlicht, erhoben, erhöht, gefeiert, hocherhoben und gepriesen sei der Name des Heiligen, gelobt sei er, hoch über jedem Lob und Gesang, jeder Verherrlichung und Trostverheißung, die je in der Welt gesprochen wurde, sprecht Amen. – Fülle des Friedens und Leben möge vom Himmel herab uns und ganz Israel zuteil werden, sprecht Amen. – Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, er stifte Frieden unter uns und ganz Israel, sprecht Amen.“
Familie Gottlob (Textilhändler). Karolina Gottlob, geboren am 16. April.1855, starb in Rothenburg am 18. Oktober 1935. Nathan Gottlob, geboren am 13. April 1855, starb schon am 30. März 1933. – Jonas Gottlob wurde am 6. Juli.1853 in Dittigheim/Tauberbischofsheim geboren. Er war Kaufmann. Am 24. Mai 1885 heiratete er Theresia Bär aus Crailsheim. In Rothenburg wohnte er von 1879 bis 1938 (bis 1931 in der Unteren Schmiedgasse 26, zuletzt in der Kirchgasse 1). Das Paar hatte zwei Söhne. Moritz, geboren am 25. März 1886 in Rothenburg, fiel 1918 im Ersten Weltkrieg. Siegfried wurde am 7. November 1887 in Rothenburg geboren. Er verlobte sich am 30. April 1920 mit Gertrud Stern aus FRabkfurt. Das Paar lebte in Offenbach am Main. – 1871 wanderte Jonas Gottlob in die USA aus und kam 1879 nach Rothenburg wieder zurück. Nach der Vertreibung 1938 wurde er mit der Häftlingsnummer 448 am 22. August 1942 mit dem Transport XIII/1, Zug Da 505 von Stuttgart nach Theresienstadt verschleppt, wo er 89-jährig am 31. August 1942 starb.
Eheleute Hamburger. Das Ehepaar wohnte bis zur Vertreibung am 22. Oktober 1938 in der Judengasse 22. Rosa Hamburger, geborene Wurzinger, wurde am 14. November 1875 (andere Quelle: 1870) geboren. Sie war Hausfrau. Das Paar blieb ohne Kinder. Oberhalb des Hauses war früher eine Scheune und hinter dem Haus ein Stall. Nach dem Schächtverbot konnte der Händler noch Vieh nach Archshofen bringen. Die Hamburgers waren arm und konnten sich das Nötigste zum Leben kaum mehr leisten. 1937 mussten sie das Haus verkaufen. Beide wurden rund zwei Wochen vor den Übergriffen in der Reichspogromnacht aus ihrem Zuhause vertrieben. Bis zum 10. September 1942 fand Rosa Hamburger in Nürnberg Zuflucht. Zwei Jahre konnte sie sich erfolgreich verstecken, bis sie eben an jenem Datum gefasst und anschließend ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde. Dort starb sie am 2. Dezember 1943. Ihr Mann Sigmund starb etwa ein Jahr nach der Vertreibung aus Rothenburg und wurde am 28. November 1939 in Nürnberg bestattet. – Rosa Hamburger hatte Verwandtschaft in Rothenburg. Die jüdische Familie Wurzinger war in der Klingengasse 10 und in der Herrngasse 21 ansässig und wurde vom gleichen Schicksal ereilt wie das Ehepaars Hamburger. Die Eltern waren Hirsch und Johanna Wurzinger. Ein lebender Nachfahre der Hamburgers ist Arno Hamburger in Nürnberg. Er ist erster Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg und der Großneffe von Rosa Hamburger.
Familie Heumann, bekanntes Textilhaus Heumann & Strauss in der Herrngasse 2 („Brodhaus“), heute Wohlfahrt. Adolf Heumann wohnte im Oktober 1938 in Regensburg Dechbettenerstraße 44 a, kurze Zeit später in der Wilhelmstraße 3. 1942 starb er im KZ Theresienstadt. Er hatte zwei Töchter, die überlebten und in die USA auswanderten. Katie, verheiratete Hahn, wohnte in New York. Marie war als Forchheimer verheiratet, heiratete in den USA Charles Fordham, nahm bei der Einbürgerung den Vornamen Mary an und wohnte in Newfield/New Jersey.
Helene Kirschbaum geborene Oster wohnte in der Neugasse 34. Sie wurde am 24. März 1874 in Münstermaifeld/Mayen geboren und am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben. Sie starb am 25. November 1941 in Kowno (Kaunas), Fort IX. Verheiratet war sie seit 8. August 1896 mit Ignatz Kirschbaum. Das Paar wohnte zuerst in der Sülzengasse 2, dann in der Neugasse 34. Es hatte vier Kinder, die alle in Rothenburg geboren wurden: Heinrich, geb. 14. Mai.1897, Salomon (=Sally), geb. 4. September 1898, Arnold, geb. 20. November 1900) und Fritz Sigmund (geb. 14. August.1902, ermordet am 28. Januar 1944 in Auschwitz. Die Söhne Heinrich und Fritz handelten mit Schlachtvieh. – Helene wurde am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben. Danach wohnte sie in Frankfurt am Main, Koselstraße 49. Sie wurde am 22. November 1941 mit dem 5. Transport von Frankfurt in das Ghetto von Riga deportiert und dort sofort nach der Ankunft in Kaunas ermordet.
Familie Landauer. Über die jüdische Familie, die in Rothenburg lebte, ist bislang nichts bekannt. Lediglich, dass in Rothenburg 1882 Selma Landauer geboren wurde, die den Schuhhändler Curt Pach, geboren 1879 in Erfurt, heiratete. Das Ehepaar hatte in der Wertachstraße 5 in Augsburg ein großes Schuhgeschäft („Schuhkönig“). 1917 wurde die Tochter Irmgard geboren, die durch Auswanderung in die USA dem Holocaust entkommen war, dort den aus Zittau stammenden Walter Hann heiratete. Die Eltern überlebten den Holocaust nicht. Sie wurden Anfang April 1942 nach Piaski in Polen deportiert und gelten als verschollen.
Eheleute Lehmann. Moritz Lehmann, geboren am 30. November 1879 in Windsheim, war mit Sarah verheiratet. Das Ehepaar wohnte in der Oberen Schmiedgasse 18, wo es auch eine Metzgerei hatte. Nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, betrieb die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank in München die Zwangsversteigerung des Anwesens, das im September 1933 einen Käufer fand. Es gab zwei Töchter, Berta und Clothilde und einen Sohn. Das Ehepaar wurde am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben, zog nach Fürth in Bayern, wurde 1942 ins Todeslager Izbica deportiert und gilt als verschollen. – Seine Frau Sarah geborene Sonn wurde am 16. Dezember 1890 in Züntersbach geboren. Über das Schicksal der Töchter ist nichts bekannt. Der Sohn lebte noch 1982 in den USA.
Familie Lißberger. Hans Lißberger hatte einen kleinen Textilladen in der Galgengasse. – Sigmund Lißberger wurde am 21. März 1875 in Creglingen geboren. Er war mit Bella, geb. Gummersheimer (geb. 25. Juni 1879), verheiratet. Beide wurden am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben. Zuletzt wohnten sie in Haigerloch in der Haagstraße 244. Das Ehepaar wurde am 23. August 1942 mit dem Transport 13/1 von Württemberg in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Er fand den Tod am 4. September 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt. Seine Frau Bella, geboren am 25. Juni 1879 in Lehrensteinsfeld, starb am 20. Oktober 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt.
Familie Löwenthal. Ludwig Löwenthal, geboren am 8. Dezember 1871, starb am 11. Februar 1936 in Rothenburg. – Anna Löwenthal, geboren am 1. Juni 1862, starb am 28. Januar 1938 in Rothenburg. – Helene Löwenthal, geboren am 30. Juli 1860, starb am 24. Juli 1933 in Rothenburg. – Fanny Löwenthal, geborene Freudenstein, wohnte als Witwe in der Herrngasse 26. Ihr gehörte auch das Haus 28. Sie wurde am 18. Januar 1883 geboren und am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben. Sie emigrierte nach Schweden und lebte in Stockholm-Solna.
Familie Mann. Die Familie hatte einen bedeutenden Viehhandel. Theodor Mann, geboren am 9. Februar 1865, starb 1942 an unbekanntem Ort, vermutlich in einem Konzentrationslager, ebenso sein Bruder Josef Mann, geboren am 1. Mai 1869. – Klara Mann, geboren am 24. Juni 1875, schied am 17. April 1933 in Rothenburg freiwillig aus dem Leben. Die Kinder hießen Joseph, Theodor, Norbert, Justin, Dina Gretchen. Diese entkam über Paris nach London. Benno Mann, geboren am 4. November, starb am 19. Oktober 1936 in Rothenburg wie auch Julius Mann, geboren am 13. Februar 1901, am 11. Juli 1939. – Jakob Mann, geboren am 14. Januar 1861 in Ermetzhofen, vertrieben aus Rothenburg am 22. Oktober 1938, konnte in die USA entkommen.
Die Gebrüder Theodor und Josef Mann besaßen seit Mai 1899 einen Viehhandel in der Adam-Hörber-Straße 23. Wenige Tage nach dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 verhafteten SA-Leute aus Rothenburg die beiden Geschäftsleute Theodor und Josef Mann und deren Söhne. Die Männer mussten vier Wochen lang im Gefängnis des Amtsgerichts ausharren. Die Ehefrau von Theodor Mann, Klara und ihre Tochter Dina Gretchen wurden in ihrem Haus drei Wochen lang von SA-Leuten belagert. Am 17. April .1933 nahm sich Klara Mann das Leben. Ihr Mann erlitt einen psychischen Zusammenbruch und wurde in die Nervenheilanstalt Ansbach eingeliefert. Schon im April 1933 konnten die Schulden des Geschäftes nicht mehr getilgt werden. Das Geschäft wurde fortan massiv boykottiert und diffamiert und erholte sich nicht wieder. Im Juni 1938 wurde überall Juden der Viehhandel verboten. Am 29. Oktober 1938 versammelten sich Antisemiten vor dem Haus der Familie Mann. Die von den Manns herbeigerufene Polizei nahm jedoch die jüdischen Männer in „Schutzhaft“. NSDAP-Funktionäre zwangen Josef Mann unter Androhung, ihn in das KZ Dachau zu schicken, sein Hab und Gut an den 1938 „arischen“ Viehverteiler Leonhard Assel weit unter Wert zu verkaufen. Anschließend mussten Josef und Theodor Mann Rothenburg verlassen. Sie flohen nach München. Von München wurden sie am 24. Juni1942 nach Theresienstadt und von dort im September 1942 nach Treblinka verschleppt, wo sich ihre Spur verliert. Die Zwillingssöhne von Josef Mann, Norbert und Justin, konnten in die USA fliehen. Von dort besuchten sie nach dem Krieg mehrmals Rothenburg.
Selma war die Tochter von Samuel Mann (geb. am 20. Dezember 1867 in Ermetzhofen) und Karolina Hamburger (geb. am 18. Juli 1871 in Aschaffenburg). Sie wurde am 1. März 1893 in Rothenburg geboren und verstarb am 20. September 1962 in Buenos Aires (Argentinien). Selma Mann heiratete den Schuhfabrikanten Ludwig Silberstein (3. August 1882 bis 22. September 1937 in Schweinfurt) aus einer alteingesessenen Schweinfurter jüdischen Familie. Das Paar hatte drei Kinder: Fritz, Hans und die Tochter Margarita (Gretel), geboren am 30. April 1922 in Schweinfurt. Ab 1933 kam auch ihr Vater Samuel Mann nach Schweinfurt, der zeitweilig auch in Regensburg bei einer weiteren Tochter Rosengold, in München und wieder in Schweinfurt lebte. Nach dem Tod ihres Mannes schickte Selma Silberstein ihre Tochter 1938 nach London und reiste sechs Monate später nach. Mit der Tochter und einem Sohn wanderte die Familie nach Argentinien aus. Tochter Gretl heiratete dort Ernesto Calvary und wurde eine bekannte Malerin. 2003 nahm sie wieder Wohnsitz in Schweinfurt.
Familie Marx. Siegmund Marx war von 1929 bis 1933 jüdischer Lehrer in Rothenburg und wohnte mit seiner Familie im jüdischen Gemeindehaus in der Herrngasse 21. In der Familie gab es einen Sohn Julius, der 1922 oder 1923 geboren wurde. Im April 1933 nahm man Siegmund Marx wegen „Beleidigung der Regierung“ in „Schutzhaft“ und transportierte ihn in das Nürnberger Untersuchungsgefängnis. Als er freigekommen war, ging er nach Speyer und unterrichtete dort und an anderen Orten. Er wurde 1942 in Auschwitz ermordet.
Witwe Oberndörfer. Sie wohnte mit ihrem Sohn Nathan (Textilkaufmann) und der Tochter Karola im ersten Stock des Hauses Galgengasse 27. Von Karola Anfänger, geb. Oberndörfer, existiert ein filmischer Zeitzeugenbericht der Film-AG der Realschule Rothenburg „Mit einem Köfferchen, nicht mehr.“
Emil und Siegfried Steinberger, Brüder, wohnten bis zum 1. Oktober 1938 in der Oberen Schmiedgasse 15 (Gasthaus Zum Schwanen). – Siegfried Steinberger wurde am 19. Juni.1889 in Colmberg geboren. Er war der Sohn von Alexander Steinberger (Handelsmann) und Regina (geb. Liebenstein). Er führte mit seinem Bruder die Viehhandlung Gebr. Steinberger und wohnte bis 1. Oktober 1938 in Rothenburg. Danach zog er nach Würzburg, wohnte dort in der Goethestraße 9, dann am Schmalzmarkt 6 und ab April 1941 im Heim Konradstraße 3. Am 27. November 1941 wurde er nach Riga deportiert. Der unverheiratet Gebliebene gilt als vermisst. Sein Bruder Emil Steinberger wurde am 25. Mai 1887 geboren. Er ging am 27. Oktober 1937 nach Colmberg und starb dort am 10. Dezember 1937 im Alter von 50 Jahren. Siegfried Steinberger war Eigentümer des Brau- und Gasthofanwesens Galgengasse 13, das hoch verschuldet im Oktober 1938 an die Rothenburger Gastwirtseheleute Michasel und Franziska Moll zwangsverkauft wurde.
Dr. David Tachauer: Von 1923 bis 1932 unterrichtete der Studienprofessor für Mathematik und Physik am Rothenburger Gymnasium. David Tachauer (13. Februar1885 bis 29. Juni1976) war der Sohn des Rabbiners und Josephus-Forschers Gustav Tachauer. 1914 heiratete David seine Frau Nanni Joseph. Die beiden hatten drei Kinder: Alfred (geb. 1915), Hadassah (geb. 1916) und Rosi Rahel (geb. 1923). Bevor Tachauer als 38-Jähriger nach Rothenburg kam, hatte er schon eine bewegte Lebensgeschichte. Er war nach seinem Mathematikstudium in München (1905-1909) nach Palästina ausgewandert und nach zwei Jahren wegen einer Verletzung nach Deutschland zurückgekehrt. Im Ersten Weltkrieg diente er als Unteroffizier. Ab 1919 unterrichtete er an der Kreisoberrealschule in Würzburg und wurde zum Vorsitzenden der Ortsgruppe Würzburg der zionistischen Studentenverbindung Hatikwah gewählt. Nach neun Jahren Aufenthalt in Rothenburg kehrte er nach Würzburg zurück und wurde 1933 nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufbeamtentums“ von den Nazis aus dem Dienst entfernt. Er wanderte 1934 erneut mit seiner Familie nach Palästina aus und blieb dort. Tachauer verfasste eine Abhandlung zu „statistischen Untersuchungen über die Neigung zu Mischehen“ (1915). In seiner Zeit in Rothenburg wagte er sich auch an ökonomische Themen und veröffentlichte seine Streitschrift „Die Fehler im Aufbau unserer Wirtschaft.“
Familie Westheimer. Die Familie wohnte in der Herrngasse 12, wo sie eine Lederhandlung hatte. Ihnen gehörte auch das Haus Kirchgasse 1 und mehrere Grundstücke. Leopold Westheimer war Lederwaren-Händler. Seine FRau war Ida geborene Hirsch. Er wurde am 6. August 1933 barfuß durch die Stadt geführt. Um den Hals musste er ein Schild tragen, auf dem stand, dass er ein „Rassenschänder“ sei. Nach der Vertreibung aus Rothenburg am 22. Oktober 1938 wurde er von München aus am 24. Juni 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert, wo er umkam. Seine Söhne Bruno, geboren 1905 in Rothenburg, und Ivan überlebten. Bruno ging in nach New York und Ivan nach Brüssel.
Eheleute Wimpfheimer. Joseph (Sepp) Wimpfheimer, geboren am 10. April 1879 in Rothenburg, wohnte in der Unteren Schmiedgasse 5. Er hatte eine Textilhandlung, die er 1938 unter Zwang verkaufte. Verheiratet war er mit Emilie geborene Feuchtwanger. Im Ersten Weltkrieg war er ein mit Orden dekorierter Soldat und in Rothenburg Gründungsmitglied des Schwimmvereins. Das Ehepaar wurde am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben. Nach dem Krieg wohnte er in New York.
Familie Wurzinger. Clara Wurzinger geborene Mannheimer, wurde am 19. August 1891 in Aub geboren. Sie war verheiratet mit Sigmund (Siegmund). Sie wohnten in der Klingengasse 10. Beide Eltern und ihre zwei Kinder wurden am 22. Oktober 1938 aus Rothenburg vertrieben, zogen nach Demmelsdorf und dann nach Nürnberg. Das Ehepaar wurde mit den beiden Kindern am 10. September 1942 von Nürnberg nach Theresienstadt deportiert. Clara Wurzinger starb dort am 22. Mai 1944, ihr Mann Sigmund, geboren am 30. März 1877 in Rothenburg, am 30. Dezember 1943. Ihr Sohn Hans Siegfried Wurzinger, geboren am 22. Mai 1933 in Rothenburg, wurde von Theresienstadt am 23. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde. Da war er gerade elf Jahre alt. Seine Schwester Hannelore („Hannele“), geboren am 13. Mai 1927 in Rothenburg, starb ebenfalls im Vernichtungslager Auschwitz am 23. Oktober 1944. – Ida Wurzinger wurde am 12. Dezember 1872 in Colmberg oder Löhnberg als Tochter des Viehhändlers Hirsch Wurzinger und seiner Frau Hanna Gutmann geboren. Um 1875 zog die Familie nach Rothenburg ob der Tauber in die Klingengasse 10. Paula wurde 1892 geboren. Mit 27 Jahren nahm sie sich im Juli 1919 aus Schwermut im früheren Freibad an der Steinmühle das Leben. Ida Wurzinger war alleinstehend und Hausfrau. Sie lebte später – ebenso wie ihr Bruder Samson Wurzinger – in der Klingengasse 21. Am 22. Oktober 1938 wurde Ida aus Rothenburg vertrieben. Sie floh nach München und wurde von dort am 11. September 1942 mit dem Transport 525/2/25 nach Theresienstadt deportiert. Nach dem Theresienstädter Gedenkbuch kam sie am 18. Mai 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz, wo sie am gleichen Tag im Alter von 71 Jahren ermordet wurde.
Samson Wurzinger, geboren am 10. Dezember 1868 in Colmberg (oder Löhnberg?). zog später zog in die Klingengasse 21, wo er sich um seine kranke Schwester Ida kümmerte. Am 20. Oktober 1908 wurden ihm gegen eine Gebühr von 86 RM die Bürgerrechte verliehen. Am 1. Juni 1921 erhielt er die Zulassung zum Viehhandel und führte nun zusammen mit seinem Bruder Albert Wurzinger einen Vieh- und Pferdehandels. Als er sich 1921 entscheiden musste, ob er mit Pferden oder Vieh handeln wolle, weigerte er sich, eine Entscheidung zu treffen. Nachdem der Rechtsanwalt Dr. Süßheim aus Nürnberg eingeschaltet worden war, gab Samson Wurzinger die Pferdehandelskarte ab, besaß aber noch neun Pferde, deren Verkauf er sich vorbehalten wollte. Am 17. Februar 1923 folgt eine Anzeige wegen widerrechtlichen Verkaufs eines Pferdes. Angeblich hatte er den Verkauf für seinen Bruder Sigmund getätigt, der Pferdehändler war. Beide hatten jedoch getrennte Stallungen. Samson wurde nun die Viehhandelskarte für drei Monate entzogen, die er am 17. März 1923 wieder bekam. Neben seinem Hauptberuf Viehhändler war er Synagogendiener. Er war es, der nach der Aufgabe der Synagoge die Schlüssel des Hauses Herrngasse 21 bei der Stadt Rothenburg abgab. Am 22. Oktober 1938 wurde er mit den anderen jüdischen Bürgern aus Rothenburg vertrieben und zog nach Fürth in die Theaterstraße 36. Dann floh er nach München. Von dort wurde er am 11. September 1942 mit dem Transport 526/2/25 nach Theresienstadt deportiert. Dort ist er am 16. Juni 1943 im Alter von 75 Jahren gestorben.
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Ich finde es wirklich klasse, dass Sie sich all diese Mühe machen und die Informationen mit uns teilen. Danke dafür.
Gruß Karin