Von Wolf Stegemann
„Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder!“ Dieser in den Volksmund eingegangene Zweizeiler stammt aus dem von Johann Gottfried Seume geschriebenen Gedicht „Die Gesänge“, das erstmals 1804 in der „Zeitung für die elegante Welt“ erschienen ist. Die ursprüngliche Version lautet:
„Wo man singet, laß dich ruhig nieder,
(Ohne Furcht, was man im Lande glaubt,
Wo man singet, wird kein Mensch beraubt,)
Bösewichter haben keine Lieder.“
Kann dieses Sprichwort als Zeugnis für die menschenverbessernde Wirkung gemeinsamen Singens dienen? Nein! Der Dichter schrieb dieses Gedicht in der unfriedlichen napoleonischen Zeit, wo er sich nach einem friedlichen Miteinander am Lagerfeuer sehnte, womit er das Singen assoziierte. Diese Verbindung stellen viele her: die Wandervögel, die Bündische Jugend, die Hitlerjugend und danach die Pfadfinder. Und wer heute an seine Hitlerjugendzeit zurückdenkt, ist begeistert von dem Leben am Lagerfeuer und mit Liedern.
Eine musiktherapeutische Wirkung des Singens bis jetzt nicht beweisen
Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland eine blühende Chorlandschaft. Im Nationalsozialismus erhielt jedoch der Chorgesang einen negativen Beigeschmack, so dass nach 1945 immer weniger Menschen in Chören singen wollten. Kirchenchöre, das ist die Ausnahme, sangen schon immer und über die Zeiten hinweg. Heute gibt es in Deutschland wieder eine enorme Bandbreite an Chören unterschiedlichster Zusammensetzung und Arten von Musik. Insgesamt singen rund 3,3 Millionen Menschen in mehr als 60.000 Chören. Die Menschen haben sich deshalb nicht verändert. Wo man singt, gibt es – wie auch unter den Nichtsingenden – genauso gute wie böse Menschen. Allerdings kann das Singen auch zu Bösem genutzt werden. Die zwölf Jahre Nationalsozialismus belegen diese These. In der verzweigten Ideologie des Nationalsozialismus lassen sich drei Kernbereiche ausmachen, deren historische Wurzeln vielfältig sind und z. T. weit zurückreichen.
1) Der Führerkult als diktatorisches Prinzip,
2) die Lebensraumideologie mit Eroberungsdrang nach Osten,
3) ein rassistischer Antisemitismus mit sozialdarwinistischer, höchst subjektiv am Eigeninteresse orientierter Hoch- und Tiefwertung von Rassen und Völkern und der eindeutigen Zielvorstellung von Vertreibung und Vernichtung der Juden.
Alle diese Bereiche fanden ihren Niederschlag auch in vielen Liedern, die den Nationalsozialisten als willkommene Indoktrinationsmittel für die Massen dienten. Im 1935 herausgegebenen weitverbreiteten Schulliederbuch der deutschen Jugend „Singkamerad“ sind nicht weniger als 15 Lieder direkt auf die Verherrlichung Hitlers ausgerichtet. Die „Singende Mannschaft“ von Georg Götsch enthält Vergöttlichungen des Führers in Liedern. Hitler, zweifellos ein Mann mit charismatischer Ausstrahlung, wurde als Heilsbringer angesehen und erfuhr eine Art religiöser Verklärung, nicht nur in dem weihnachtlichen Liedtext von Fritz von Rabenau, der allerdings keine Breitenwirkung erzielte:
„Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht
Adolf Hitler für Deutschlands Geschick,
führt uns zu Größe, zum Ruhm und zum Glück,
gibt uns Deutschen die Macht.“
Im Singen fühlten sie sich vereint – und sie waren es
Wenn die Rothenburger Hitlerjugend auszog, dann sangen sie, wenn die Jungen oder die Mädchen vom BDM am Lagerfeuer auf dem Essigkrug saßen, dann sangen sie, wenn sie so genannte Heimabende hatten, dann sangen sie ihre rassistischen und antisemitischen Lieder. Und wenn die Männer der SA und SS ausrückten, dann sangen sie ebensolche Lieder und nach jeder Feierstunde, Stadtratssitzung und den vielen sonstigen Anlässen wurde das Deutschlandlied und das nationalsozialistische Horst-Wessel-Lied gesungen. Der Rothenburger Gesangsverein 1862 hatte sich von 1933 bis 1945 voll und ganz die nationalsozialistische Ideologie zu Eigen gemacht. Als die Rothenburger Juden 1938 gewaltsam vertrieben waren, versammelte sich halb Rothenburg und sang im Fackelschein. – „Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder!“ Doch, das haben sie!
Nationalsozialistische Lieder wurden „eingespritzt wie eine Droge“
In einem Interview blickte die 2006 verstorbene Journalistin und Buchautorin Carola Stern (Jahrgang 1925) auf ihre Jugendzeit zurück. Die NS-Zeit, während der sie eine überzeugte BDM-Führerin war, stellt sich in ihrer Erinnerung als regelrechte „Singediktatur“ dar: „Es wurde ständig gesungen. Beim Ummarsch im Dorf, im Zeltlager, beim Lagerfeuer, bei Morgenfeiern.“ Mit Blick auf den damals überaus populären Liederschreiber Hans Baumann, aus dessen Feder die meisten der berühmt-berüchtigten HJ-Lieder stammten, stellte Carola Stern einen gewagten, aber sehr bezeichnenden Vergleich an: Sie fragte sich noch 50 Jahre nach der NS-Zeit, „wer eigentlich einen größeren Eindruck auf uns gemacht hat – Adolf Hitler oder Hans Baumann“. Und Carola Stern war „fast geneigt, von Hans Baumann zu sprechen“. Als der Maler und Zeichner Tomi Ungerer 1981 zu diesem Thema befragt wurde, sagte er, die NS-Lieder seien ihm wie den anderen Kindern und Jugendlichen damals „eingespritzt worden wie eine Droge“. Sie seien ihm, da Drogen bekanntlich süchtig machen, „noch zwanzig, dreißig Jahre im Hirn“ geblieben.
Plastischer und nachdrücklicher lässt sich die Wirkung der NS-Jugendlieder, aber auch die gelungene Umsetzung der damit seitens der Reichsjugendführung verbundenen Intentionen kaum umreißen. Auch die Musik wurde vom NS-Staat völlig vereinnahmt, was so weit führte, dass ein NS-Musikfunktionär – in Anlehnung an die Bücherverbrennung vom Mai 1933 – im Juni 1934 einen „Scheiterhaufen auch für die Musik“ forderte und einer seiner Kollegen 1936 dann vom „Kampfgenossen Musik“ sprechen konnte. Das war nur folgerichtig, denn die NS-Ideologen hatten den musischen Bereich längst „als Kampfmittel und Waffe im Ringen um die deutsche Seele“ entdeckt, wobei sie das Singen von Liedern zum „besonderen Kennzeichen der nationalsozialistischen Bewegung“ beförderten. Das erforderte eine drastische Änderung der Definition dessen, was das Singen bewirken sollte. Wurde dieses Ziel in der 1905 gegründeten „Augsburger Singschule“ noch mit „Vergessen der Nöte der Gegenwart“ umschrieben, sah deren neues Pendant, die „HJ-Singschule“, die Hauptaufgabe des Liedersingens in einer „Durchdringung der politischen Gegenwart“.
Absingen vorgegebener Lieder war weltanschauliche Schulung
Es war also – zumindest offiziell – für die Jugendlichen vorbei mit dem erwachsenen- und politikfreien Raum des Singens. Vielmehr wurde in den unteren Einheiten von HJ, Jungvolk und BDM zunehmend das gesteuerte Absingen vorgegebener Lieder durchgesetzt, die als eines der wichtigsten Mittel weltanschaulicher Schulung angesehen wurden. Das musste – und sollte wohl auch – den Kindern und Jugendlichen gar nicht bewusst werden, sondern diente dem unmerklichen Transport diffuser politischer Grundeinstellungen und half immens, Begeisterung zu entfachen und zu transportieren. Gleichzeitig wurde es den Heranwachsenden immer schwerer gemacht, so die Musikwissenschaftler, sich dieser Dauerberieselung mit NS-Liedgut zu entziehen.
Es waren ja nicht nur die HJ-Einheiten, in denen nunmehr in großer Menge neu produzierte Werke gesungen werden mussten, sondern sie drangen auch in die Schule und viele andere Bereiche des alltäglichen Lebens ein, war die Musikerziehung doch, so der in der Reichsjugendführung für diesen Bereich zuständige Wolfgang Stumme im Jahr 1939, „Staatsaufgabe“ und „politischer Auftrag an das ganze Volk“ und damit keinesfalls mehr lediglich „privates Tun oder Lassen des Einzelnen“. Um ein solches Bewusstsein entstehen zu lassen, wurden seitens der Reichsjugendführung verschiedene Maßnahmen ergriffen und regelmäßig neue „Kernlieder“ und „Pflichtlieder“ eingeführt, die über „Liederblätter“ und Liederbücher massenhafte Verbreitung fanden. Sie sollten erlernt werden, um so einen „Kernbestand“ an nationalsozialistischen Feierliedern aufzubauen – die Anlehnung an die Kirchen wird deutlich. Der Bedarf an solchen Liedern war allerdings auch – zumindest theoretisch – ungeheuer groß, denn durch immer neue Gedenktage war ein ausufernder NS-Feierkalender entstanden, und natürlich mussten all diese Feierlichkeiten mit reichlich Gesang begleitet werden. Das waren, um einige zu nennen: der 30. Januar, der 1. Mai, das Erntedankfest, der „Tag der nationalen Erhebung“, der Heldengedenktag und viele andere. Hinzu kamen das „öffentliche Singen“ der HJ- und BDM-Singscharen und die nicht nur bei Reichsjugendführer Baldur von Schirach so beliebten Großveranstaltungen mit „Massensprechchören“. Auch in den Schulen wurde anlässlich der zahlreichen Appelle unablässig gesungen, von den während der NS-Zeit allgegenwärtigen Aufmärschen und Lagern mit Jugendlichen ganz zu schweigen. Wie das in Rothenburg Schulen aussah, konnte die Rothenburger Autorin Gertrud Schubart in „Wie es dazu kam, dass wir Schulkinder „Juden raus“ riefen…“ dieser Online-Dokumentation Auskunft geben.
Bei der Morgenwäsche, beim Marschieren und abends am Lagerfeuer: Singen
Wie sich die NS-Jugendfunktionäre das Ideal musik-beseelten Lagerlebens vorstellten, ist einem (undatierten) Bericht „Warum treiben wir Lied- und Spielmusikpflege auch in unseren Sommerlagern?“ der Kölner BDM-Obergauleitung zu entnehmen, in dem der Tagesablauf nach dem allmorgendlichen Wecken (um 6 Uhr!) so beschrieben wird:
„Mit blanken Augen laufen wir den Wald hinauf, um auf unserem Heideberg unseren Frühsport zu beginnen. Nachher geht´s mit einem frischen Lied zur Morgenwäsche an den kleinen Wasserfall unseres Baches.
Endlich sind die Zelte und alles andere in Ordnung gebracht. Die Flöte der Lagerführerin schrillt zum Antreten an der Fahne: ‚Und die Morgenfrühe, das ist unsere Zeit’. Noch nie empfand eine jede von uns so unmittelbar dieses Lied, wie gerade an diesem Morgen. ‚Her zu uns, dass wir die Saat beginnen’ – wie haben wir das aus vollen Herzen gesungen.
Auch die Zeremonie des Morgenkaffees wurde mit einem entsprechenden Lied eingeleitet. … Ja, und sollte man bei dem öden Kartoffelschälen nicht wieder nach Herzenslust singen, man könnte sonst vielleicht über der anstrengenden Arbeit vergessen, wie warm schon die Sonne vom wolkenlosen Himmel scheint und, ach, wie gut man es doch hier im Lager hat.
Und dann geht es zum Singen. Zuerst lernen wir eins unserer schönsten Bekenntnislieder: ‚Nun steht der Dom, nun steht er ganz im Licht … und … Wir stehen gestrafft da wie ein lebender Ring, und es klingt fast wie ein Schwur: ‚Durch unsre Freiheit sind wir ihm [d.i. Adolf Hitler] verpflichtet, das Werk ist klug und machtvoll aufgerichtet!’
Aber nun muss der Dorfabend vorbereitet werden. Da gilt es fleißig zu üben: ein Begrüßungslied, Tanz- und Sommerlieder, die passenden Lieder für das Stegreifspiel und endlich noch den Kehraus. Eine kurze Pause vor dem ersehnten Mittagessen, während welcher sich die Spielleute geheimnisvoll in die äußerste Lagerecke verkrümeln.
Endlich das Blockflötensignal: Kartoffelsupp, Kartoffelsupp! Und siehe da, es gibt eine kleine Überraschung: Damit der Magen noch ein wenig länger hängt, gibt es eine kleine Tafelmusik mit Klampfen und Blockflöten.
Mittagspause gibt es heute ausnahmsweise nicht. Eine Gruppe macht sich fertig, um mit Quetsche, Geige und Topfdeckeln bewaffnet den ‚Reklamezug’ durch das Dorf anzutreten. Die Spielschar zieht in den Wald mit Instrumenten und Notenständern, um in der ‚Einsamkeit’ zu probieren. Wieder andere probieren das Stegreifspiel einmal durch und die Letzten behelfsmäßig ohne Quetsche ein paar leichte Volkstänze, die nachher die Dorfbewohner mitmachen sollen.
Ehe man sich´s versieht, ist der Abend da. Und nun ordnet sich der festliche Zug. Voran ziehen die Musikanten …, zum Schluss marschiert die übrig gebliebene ‚Lagerbesatzung’. Und mit dem Lied ‚Die Schützen kommen da, fort mit den Grillen’ gehts ins Dorf hinein. Aus jedem Haus schließen sie sich uns an, bald schmettern alle die ‚Schützen’ mit. So kommen wir in bester Stimmung auf dem Dorfplatz an. Ja, und dann ist weiter nichts zu berichten, als dass wir alle miteinander fröhlich und unbeschwert gesungen und getanzt haben, ohne dass unsere Eifeler gemerkt haben, dass sie selbst tüchtig haben mitmachen müssen. Singend zogen wir zurück durch das Dorf. (…)
Mit dem Lied ‚Die letzten Speere schwirren, der Abend leuchtet rot!’ holten wir zum letzten Mal die Fahne nieder. Und mit leisem Bedauern stiegen wir schweigend in die Zelte, während die Flöten mit einer kleinen Nachtmusik den frohen Tag abschlossen.“
Das Volk sollte vom ersten bis zum letzten Mann singen
Auf diese Art und Weise sollten zunächst die Kinder und Jugendlichen, von ihnen animiert anschließend – wie hier die Bewohner eines Eifeldorfes – die gesamte Bevölkerung durch gemeinsames Singen erfasst werden. Damit würde 1936 von Wolfgang Stumme umrissene wesentliche Aufgabe der Volkskultur nationalsozialistischer Prägung erfüllt: „Unser Volk soll bis zum letzten Mann mit uns die neuen Lieder des Volkes singen.“ Diese neuen Stücke gehorchten zwangsläufig – ganz anders als das frühere bündische Liedgut – allen gewünschten ideologischen Vorgaben. Sie orientierten sich an der NS-Rassenideologie, waren „nordisch“ und verfolgten oftmals militaristisch-wehrertüchtigende Zwecke.
Singen sollte die Kampfbereitschaft und Wehrhaftigkeit stärken
Im Mittelpunkt der Musikerziehung in der Hitler-Jugend stand das „Volkslied aller Zeiten“. Da die HJ aber „in erster Linie eine weltanschauliche Organisation“ sei, stehe „das neue Kampf- und Feierlied“ im Vordergrund, „in dem sich die Jugend zu der Weltanschauung Adolf Hitlers“ bekenne. „Im Lied“ sahen die Funktionäre nicht zu Unrecht eine wirkungsvolle „gemeinschaftsbildende Kraft“. Insgesamt bilde es „den Wertmaßstab für jede Art von Musik“ und sei „geeignet, das Volk zu einer Musikgesinnung zu erziehen, die gegen die Infektion einer internationalen und artfremden Schlagerindustrie immun machen“ könne.
Es lag der Reichsjugendführung aber nicht nur daran, „rassereines“ Liedgut zu verbreiten, sondern es galt gleichzeitig ein weiteres Kernziel nicht aus den Augen zu verlieren, die Kampfbereitschaft und „Wehrhaftigkeit“. Bereits 1933 war hinsichtlich der musischen Erziehung festgestellt worden, sie sei zu einer Notwendigkeit im nationalsozialistischen Staat geworden.
„Aus der wehrhaften Übung allein kann der soldatische Geist nicht wachsen: Wehrhaftigkeit vollendet sich erst im Seelischen, in Haltung und Ethos, in Ehre, Hingebung und Gefolgschaftstreue. Dahin führt aber zusammen mit der leiblichen Übung die musische Erziehung mit der Formgewalt der rhythmischen Künste.“
Hier sollte sich letztlich die gesamte Erziehung und damit auch jene im musischen Bereich „vollenden“, wobei gleichzeitig die geschlechtsspezifischen Stereotype festgeschrieben wurden. Während die Mädchen nämlich im BDM durch die dort häufig bevorzugten Wiegen- und Kinderlieder auf ihre künftigen Rollen als Ehefrauen und Mütter („Soldaten für den Führer“) vorbereitet werden sollten, ging es in Jungvolk und HJ unmittelbar und konkret um Wehrerziehung: „Frohe Fahrtenlieder singend marschieren wir zum grünen Walde, wo wir zum Abschluss noch eine Geländeübung veranstalten“ – so berichtet die Kölner NS-Zeitung „Westdeutscher Beobachter“ etwa im Juli 1934 über einen „Ausmarsch“ des Jungvolks. Wo früher ungezwungen gewandert wurde, galt nun der Marschtritt! Da überrascht es kaum, dass von den 162 Liedern des offiziellen Hitlerjugend-Liederbuchs 72 Stücke ein kriegerisches Tötungsmotiv aufwiesen und 74 den Heldentod glorifizierten.
Das Lied im Niedergang als „politisches Führungsmittel“
Nur zu bald sollte tatsächlich die Zeit anbrechen, in der die Musik dem NS-Regime nicht mehr nur als „Kampfmittel und Waffe im Ringen um die deutsche Seele“ galt. Der gern und viel besungene Kampf und der jämmerliche „Heldentod“ wurden grausame Realität. Nicht nur an den Fronten des Zweiten Weltkriegs wurde seit September 1939 massenhaft gestorben. Auch an der so genannten „Heimatfront“ spitzte sich angesichts des eskalierenden Bombenkriegs die Situation seit spätestens 1941 zu. Hier wurde ebenfalls zu Propagandazwecken auf das Lied als „politischem Führungsmittel“ zurückgegriffen, „um die Kampfkraft der politischen Gemeinschaft zu stärken“. Das führte schließlich soweit, dass die musikalische „Grundversorgung“ seitens der Reichsjugendführung nicht nur ein kriegswichtiger, sondern mit der sich abzeichnenden Niederlage immer stärker eine fast schon kriegsentscheidende Bedeutung beigemessen wurde.
Siehe auch andere themenbezogene Artikel in dieser Dokumentation:
_______________________________________________________________
Quellen: „B.D.M. Liederbuch“, Berlin 1934. – „Unser Liederbuch. Lieder der Hitler-Jugend“, hg. von der Reichsjugendführung, München 1939. – „Der Kilometerstein. Eine lustige Sammlung“, hg. von Gustav Schulten, Feldpostausgabe, Potsdam 1941. –„Die Kameradschaft. Blätter für Heimabendgestaltung in der Hitler-Jugend“, hg. von der Reichsjugendführung, Berlin 1935. – „Die Jungmädelschaft. Blätter für Heimabendgestaltung der Jungmädel“, hg. von der Reichsjugendführung, Berlin 1936. – „Wir Mädel singen. Liederbuch des Bundes Deutscher Mädel“, hg. von der Reichsjugendführung, Wolfenbüttel/Berlin 1938.
Brechts Greigroschenoper und Mecki Messer feierten weltweit Erfolge. Oft unerhört blieb Das Lied einer deutschen Mutter, Das Lied von der Moldau. …Das Lied vom SA-Mann, denn diese Brecht-Wahrhaftigkeiten schmerzten:
Sah das braune Hemd dich tragen. Habe mich nicht dagegen gestemmt.
Denn ich wußte nicht, was ich heut weiß: Es war dein Totenhemd.
David Bowie spielte für BBC 1982 fünf Lieder aus Baal ein. Im Baal gibt es bereits viele Elemente des epischen Theaters wie z.B. die Verfremdung durch eingestreute Lieder und Gedichte. Bereits das Eingangsgedicht „Der Choral vom großen Baal“ ist Teil dieses Effekts. Das Drama endet mit dem Satz eines Holzfällers, der von den letzten Worten Baals berichtet: „Ich horche noch auf den Regen“. Die erste Fassung des Drama schrieb der Zwanzigjährige Bertolt Brecht 1918, die zweite 1919. Brecht integrierte in das Stück eine Reihe seiner frühen Lieder und Gedichte, teilweise in enger Anlehnung an die Gedichte von François Villon.
Adolp Donaths frühe Judenlieder wurden von Béla Nemes 1899 vertont. Donaths Gedichte in Mensch und Liebe (1901) beklagten das Schicksal des heimatlosen jüdischen Volkes.
O Salz und Sonne dieser Erde. O sole mio. Songwriter Heino macht heute weiter gutes Wetter, einst sang er: Wenn die bunten Fahnen wehen, dann leuchtet die Sonne, ziehen die Wolken, klingen die Lieder weit übers Meer… Doch es geht auch ohne Sonne, wenn sie mal nicht lachen mag. Blasen die Stürme, brausen die Wellen, singen wir mit dem Sturm unser Lied.
Das Sturmlied,1920 von Dietrich Eckart verfasster Text, erlangte einst zur Zeit der Allerseelenstürme durch nationalsozialistische Propaganda Bekanntheit.