Rothenburgs Hitlerjugend-Bann 308: Kriegsspiele, Tanz und Gesang – „Wir stehen als geschlossener, junger, brauner Block und kämpfen, wenn der Führer ruft!“

Auch wenn die Nationalsozialisten dies später anders darstellten, so hatte die Hitlerjugend vor 1933 keine Bedeutung. Erst danach, als vort allem die kirchen Jugendorganisationen immer mehr unter Druck gesetzt wurden,  änderte sich das. Wer in die Staatsjugend HJ oder in den Bund deutsche Mädel eintrat, hatte viele Vorteile.  Kreisleiter Karl Steinacker nahm am 23. Oktober 1938 Hitlerjungen in die NSDAP auf und sagte, wie der „Fränkische Anzeiger“ am 24. Oktober 1938 berichtete: „Seid stolz, daß ihr die Größe dieser Zeit miterleben dürft und seid bestrebt, es dem Führer nachzutun.“

Hitlerjugend in Rothenburg

Hitlerjugend in Rothenburg

 

 

 

Mit „Opferwillen“ hinausziehen!

Zum Leben in der Hitlerjugend gehörten u. a. ein vielfältiges Gemeinschaftsleben mit Heimabenden, Fahrten, Ausflügen, Sportkämpfen, Zeltlagern, Appellen und Aufmärschen. Das gab den Jugendlichen das Gefühl der Dazugehörigkeit zum „Großen und Ganzen.“ Der spielerische Einsatz der Hitlerjugend, ihre so genannten Gelände- und Kampfspiele, hatten immer auch einen miltärischen Sinn bis hin zur paramilitärischen Ausbildung. 1936 erklärten die Pimpfe desd HJ-Standorts Uffenheim dem Standort Rothenburg des Deutschen Jungvolks die Fehde. Die „Große Schlacht“ fand dann in Großharbach statt, an der sich 80 Pimpfe aus Rothenburg freiwillig beteiligten. Frühmorgens um 7 Uhr marschierten sie ins Feindesland, am Gürtel bauamelte ein weißer Lebensfaden. Wurde er weggezogen, musste der Pimpf ausscheiden. Um 11 Uhr erwarteten die Rothenburger in Großharbach auf den Feind. Ein ausgeschickter Spähtrupp entdeckte im Neckenhagen-Holz  bei Gickelhausen 30 bis 40 Jungen in Deckung liegen – der Feind! Daraufhin begann ein gewaltiges Ringen um die Lebensfäden. Die Uffenheimer werden zurückgeschlagen und verschwanden im Wald. Die Rothenburger hinterher. Sie nahmen ihnen noch viele Fäden ab. Aus dem offiziellen Kampfbericht: „Wenige überlebende Feinde flüchteten nach Großharbach. Doch unsere kltaktisch kluge Generalität hatte ihnen auch diese einzige Rettung entzogen. Rothenburger Pimpfe hatten sich inzwischen in den Besitz der Ortschaft gesetzt und die letzten Uffenheimer mussten sich kampflos ergeben. Der Landsturm war unser! Rothenburger Pimpfe haben gesiegt!“

Einmal wurde in einem Geländespiel der Hitlerjugend Südfranken vom Rothenburger HJ-Bann 308 die „Eroberung“ von Bad Windsheim geübt. Kreisleiter Karl Steinacker stimmet die Jugendlichen 1937 darauf ein: „Möge die Jugend, wenn sie […] aus den Mauern Rothenburgs hinausziehe, erfüllt sein von diesem Geist der Tatbereitschaft, des Opferwillens, damit sie, wenn sie der Führer einmal rufen werde, Kämpfer seien […].“

Fahrten und Zeltlager begeisterten die Jungs

Fahrten und Zeltlager begeisterten die Jungs

Pflicht war, dass alle HJ-Mitglieder aus Stadt und Kreis an diesem großangelegten Kampfspiel teilnahmen. In Illesheim stationierte Flugzeuge wurden in das Manöver, durch den Abwurf von Flugblättern mit der Aufschrift „Bewohner von Bad Windsheim, ergebt Euch!“ mit einbezogen.

Die Hitlerjugend gliederte sich in Jungvolk und Jungmädel (10-14-jährige), in den Bund deutscher Mädel und die eigentliche HJ (15-18-jährige) in 40 Gebieten. Sie waren unterteilt in Banne, Stämme, Gefolgschaften, Scharen und auf unterster Ebene Kameradschaften. Die Mitgliedschaft war mindestens ab 1940 Pflicht, doch auch schon vorher konnten sich nur wenige dem Druck zum Beitritt entziehen. Auf dem Marktplatz gab es Radioüber­tragungen, wenn der „Jugendführer des Deutschen Reiches“, Baldur von Schirach, sprach. Auch kamen Vertreter der Gauverbände, wie beispielsweise Clementine zu Castell, Beauftragte für das BDM-Werk „Glaube und Schönheit“, zu Vorträgen nach Rothenburg. Daniel Bauer: „Politische Leiter, wie Kreislei­ter Steinacker und Kreiswalter Eugen Haas, nutzten jede Gelegenheit, wie Schulab­schlussfeiern oder Sportwettkämpfe des HJ-Bannes 308 und des BDM-Untergaues 308, für Appelle an die Jugend, sich für den Nationalsozialismus zu engagieren und beim Neubau des Reiches mitzuhelfen.“ Hinzu kamen jährliche Rituale, wie die Überführung des „Deutschen Jungvolks“ in die HJ und der „Jungmädel“ in den BDM an Hitlers Geburtstag, die ebenfalls Anlass zu Festreden und Belobigungen der Jugend gaben. Politische Leiter, wie NSDAP-Ortsgruppenführer Schmidt aus Hartershofen, bestärkten die Jugendlichen in ihrem Engagement:

„Die Hitler-Jugend erstand, wie die Gesamtbewegung aus dem Kampf um die Straße. So wie unsere Bewegung um den Mann, um die Frau unseres Volkes kämpfte, so war es Aufgabe der Hitler-Jugend, die Seele der deutschen Jugend zu gewinnen.“

Sonderbriefmarke 1943

Sonderbriefmarke 1943

Lese- und Liederabende sowie gemeinsame Volkstänze

Daniel Bauer kommt zu dem Schluss: „Die Mitglieder der HJ in Rothenburg identifizierten sich mit der nationalsozialistischen Bewegung in hohem Maße und do­kumentierten dies durch Kundgebungen wie: Wir stehen als geschlossener, junger, brauner Block. – Die Freizeitmöglichkeiten und Formen des Gemeinschaftslebens in Bezug auf Ausflüge oder Heimabende von Jungen und Mädchen, die die HJ-Führung in den Grundsätzen ihrer Jugenderziehung propagierte, waren für den Rothenburger Nachwuchs überaus attraktiv, wie Elisabeth Sonnentag in ihrem Spruchkammerver­fahren zu Protokoll gab.“

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Quelle: Daniel Bauer: „Formen nationalsozialistischer Herrschaft in Rothenburg ob der Tauber“, veröffentlicht im „Jahrbuch für fränkische Landeskunde 2010. – „Fränkischer Anzeiger“ vom 5. Oktober 1936: „Rothenburger Pimpfe siegreich“ und vom 24. Oktober 1938. – Friedemann Bedürftig: „Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg. Das Lexikon“, PIper 2002.
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