Von Wolf Stegemann
Freiheitsrechte der Bürger wurden gem. Art. 48 Abs. 2 Satz 2 der Weimarer Verfassung „bis auf weiteres“ durch die „Reichstagsbrandverordnung“ des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 28. Februar 1933 außer Kraft gesetzt. Der offizielle Name der Verordnung lautete: „Zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“. Sie wurde gemäß § 1 der „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ aufgehoben: Artikel 114 Verbot von Beschränkungen der persönlichen Freiheit, Artikel 115 Unverletzlichkeit der Wohnung, Artikel 117 Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Artikel 118 Meinungs- und Pressefreiheit, Artikel 123 Versammlungsfreiheit, Artikel 124 Vereinigungsfreiheit und Artikel 153 Recht auf Eigentum. Unter dem Begriff „Schutzhaft“ wurden Regimegegner und andere missliebige Personen – darunter vorwiegend Juden, Sozialdemokraten und Kommunisten – gleich nach der Einführung im März 1933 in „Schutzhaft“ genommen, in Gefängnisse, alte Fabrikanlagen, Konzentrationslager oder in als Gefängnisse benutzte Kellerräume in Rathäusern und öffentlichen Gebäuden gebracht. Etliche von ihnen wurden nach ein paar Wochen wieder entlassen. Andere blieben. Gerichtlicher Schutz gegen die Inhaftierung stand dem Gefangenen nicht zu. § 7 des 3. Gestapo-Gesetzes vom 10. Februar 1936 ordnete ausdrücklich an, dass Verfügungen und Angelegenheiten der Gestapo nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegen. Auch gegen die in der „Schutzhaft“ regelmäßigen Misshandlungen bis hin zum Tod bestand kein Rechtsschutz. Der Aktenvermerk „RU“ (Rückkehr unerwünscht) bei einem KZ-Häftling kam einem Todesurteil gleich.
Gegen die Verhängung der Schutzhaft kein Beschwerderecht
Das „Schutzhaft“-Verfahren wurde an die Landesbehörden, NS-Organisationen, Finanzämter, Polizeien, Gestapo und Stadtverwaltungen weitergegeben, stets mit dem Hinweis, wer und wie das alles zu bezahlen ist, wenn praktisch von heute auf morgen Zigtausende in Gewahrsam genommen werden. Adolf Wagner, Gauleiter des sogenannten NS-Traditionsgaus München-Oberbayern, seit April 1933 Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident von Bayern, erließ am 22. März 1933 ein Schreiben an die Polizeidirektionen und Staatspolizeiämter, die Bezirksämter und Stadtkommissäre mit dem Betreff: Schutzhaft. Absender war das Münchener Staatsministerium des Innern. Jemanden festzunehmen und einzusperren war wohl einfach, doch spätestens dann, wenn die Frage gestellt wurde, welche Behörde die Kosten übernehmen sollte, ob Staat, Länder, Kreise oder Städte, wurde es schon schwieriger. Doch die in Deutschland seit jeher gefürchtete Bürokratie sorgte gleich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten für Klärung auch des Finanziellen. Adolf Wagner schrieb an die o. g. Behörden in Bayern:
„I. Zur Vermeidung von Ungleichheiten bei der Verhängung und dem Vollzug der Schutzhaft werden folgende allgemeine Richtlinien erlassen:
1. Die Bearbeitung sämtlicher mit der Schutzhaft zusammenhängenden Fragen wird mit Wirksamkeit vom 18. März (1933) an der Polizeidirektion München übertragen.
2. Zuständig zur Verlängerung der Schutzhaft sind die Städte mit staatlicher Polizeiverwaltung die Polizeidirektionen und die Staatspolizeiämter, im Übrigen die Stadtkommissäre, Bezirksämter und die diesen beigegebenen Beauftragten der Obersten SA-Führung.
3. Der Schutzhaftbefehl ist schriftlich zu erlassen. Die der Verhaftung zugrunde liegenden Tatsachen sind anzuführen. Eine Ausfertigung des Schutzhaftbefehls ist dem Verhafteten unverzüglich auszuhändigen.
4. Gegen die Verhängung der Schutzhaft steht dem Verhafteten kein Beschwerderecht zu. Die Anordnung der Aufhebung der Schutzhaft ist in allen Fällen der Entscheidung des Herrn Polizeipräsidenten in der Stadt München zu überlassen.
5. Gesuche um Aufhebung der Schutzhaft sind vorläufig zwecklos und daher grundsätzlich ablehnend zu verbescheiden. Zur Ablehnung sind die zuständigen Polizeibehörden, die den Schutzhaftbefehl erlassen haben in eigener Zuständigkeit befugt. In dringenden Fällen (z. B. Erkrankung des Häftlings, Todesfällen von Anverwandten) kann von diesen auch die Unterbrechung der Schutzhaft bis zum Wegfall des Hinderungsgrundes verfügt werden. In diesen Fällen sind die Verhandlungen dem Herrn Polizeipräsidenten in München beschleunigt vorzulegen. Die Aufhebung der Schutzhaft darf nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen zu ihrer Verhängung unzweifelhaft nicht gegeben gewesen, oder nachträglich weggefallen sind. Hiebei ist im einzelnen Fall zu prüfen, ob der Schutzhäftling nicht unter Polizeiaufsicht zu stellen ist. Kann festgestellt werden, dass die zur Begründung des Haftentlassungsantrags vorgebrachten Gründe nicht den Tatsachen entsprechen, so ist die Schutzhaft in Polizeihaft umzuwandeln.
6. Auf den Vollzug der Schutzhaft finden, soweit nicht die Behörde, die den Haftbefehl erlassen hat, im einzelnen Fall etwas anderes anordnet, die für die Untersuchungsgefangenen gegebenen Vorschriften Anwendung. Die Ehre der nationalen Revolution erfordert, dass Missgriffe jeder Art vermieden werden. Die zuständige Polizeibehörde ist ermächtigt, hinsichtlich des Vollzugs, je nach den Verhältnissen des Einzelfalles, besondere Anordnungen, die eine Verschärfung des Vollzugs bedeuten, zu erlassen. Insbesondere ist von dem Besuchs- und Korrespondenzverbot unnachsichtlich Gebrauch zu machen, weil ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, die Verbindung des Verhafteten mit der Außenwelt zu verhindern
7. Die Vollstreckung der Schutzhaft erfolg5t nach Maßgabe des § 218 Abs. III der Dienst- und Vollzugsordnung für die Bayer. Strafanstalten und Gerichtsgefängnisse in der Fassung vom 18. 9. 1931 (GVBI-S.281) in Gerichtsgefängnissen, wenn der Behörde, die den Schutzhaftbefehl erlassen hat, kein ausreichender polizeilicher Verwahrungsraum zur Verfügung steht. In diesen Fällen hat die Polizeibehörde eine schriftliche Aufnahmeverfügung an das zuständige Gefängnis zu richten.
8. Von jedem Schutzhaftbefehl in seiner Aufhebung ist unverzüglich Abschrift dem Staatsministerium des Innern und der Regierung, KdJ [Kammer des Innern], den Beauftragten der Obersten SA-Führung vorzulegen. Über besondere Vorkommnisse und Beobachtungen ist gesondert zu berichten.
9. Die Polizeibehörde, von der der Schutzhaftbefehl erlassen wurde, hat die Kosten der Schutzhaft aus bereiten Mitteln zu bezahlen und vierteljährlich bei der Regierung, KdJ, zum Rückersatz anzufordern. Die Regierungen zahlen den Betrag aus den ihnen überwiesenen Mitteln zu Lasten des Haushaltsansatzes „Übrige Kosten auf den Polizeidienst“. Soweit die hierfür erteilten Mittel nicht ausreichen sollten, ist rechtzeitig beim Staatsministerium des Innern zu stellen.
II. Für die Polizeihaft auf Grund § 22 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 4. 2. 33 (RGBl.I.S.35) bleiben die Bestimmungen in Ziffer VI der Min.Bek. vom 8. 2. 33 (GVBl.S.76) unverändert in Geltung. – Der kommissarische Staatsminister des Innern, gez. Adolf Wagner.“
Die erste Welle, vor allem gegen die Sozialdemokraten und Kommunisten gerichtet, fiel in die Monate März und April 1933. In diesen beiden Monaten wurden allein in Preußen mindestens 25.000 Personen von staatlichen Organen inhaftiert. Hinzu kamen die damals noch „wilden“ Verhaftungen durch SA und SS. Da die staatlichen Machtorgane 1934 nach den Ereignissen des sog. Röhm-Putsches vom 30. Juni 1934 durch Himmlers SS übernommen worden waren, sind in der Folgezeit sämtliche Inhaftierungen als staatliche Verfolgungsmaßnahmen zu werten.
April 1933: Rothenburger Juden, Kommunisten und Sozialdemokraten
Aus einem Verzeichnis zwecks finanzieller Abrechnung des Amtsgerichtsgefängnisses Rothenburg ob der Tauber vom 5. Mai 1933 geht hervor, welche Schutzhaftgefangenen in der Zeit vom 1. bis 30 April 1933 im Gerichtsgefängnis Rothenburg ob er Tauber verwahrt wurden:
Peter Bär, Schreiner in Schillingsfürst, eingeliefert am 24. März, noch in Haft, bislang angelaufene Kosten 23,09 RM;
Karl Kranz, Dienstknecht in Rothenburg, eingesessen vom 25. März bis 13. April, Kosten 10,79 RM;
Josef Mann, jüdischer Viehhändler in Rothenburg, eingesessen vom 27. März bis 21. April, Selbstbestreitung der Mittagskost ohne Brotportion, dann nach Uffenheim verlegt, Kosten 12,67 RM. Die jüdische Familie Mann wurde am 27. März 1933 in ihrem Haus von der SA überfallen und die Männer der Familie ins Gefängnis gebracht (siehe Link am Ende dieses Artikels).
Norbert Mann, jüdischer Kaufmann in Rothenburg, eingesessen vom 27. März bis 21. April, wie vor, Kosten 12,67 RM;
Justin Mann, jüdischer Kaufmann in Rothenburg, eingesessen vom 27. März bis 21. April, wie vor, Kosten 12,67 RM. Alle drei Manns wurden um 4 Uhr nachts festgenommen.
Georg Nagel, Lackierer in Rothenburg, eingesessen vom 27. März bis 21. April; nach Uffenheim verlegt; Kosten 15,85 RM;
Josef Bär, Maurer in Schillingsfürst, eingeliefert am 28. März, noch in Haft, Kosten 22,69 RM;
Konrad Schöffel, Vers.-Angestellter in Rothenburg, eingesessen vom 30 März bis 21. April, dann nach Uffenheim verlegt, Kosten 15,95 RM;
Michael Emmerling, Vertragsangestellter in Rothenburg, eingesessen vom 30. März bis 21. April, dann nach Uffenheim verlegt, Kosten 20,15 RM;
Ludwig Stumpf, Tagelöhner in Rothenburg, eingesessen vom 30. März bis 21. April, dann nach Uffenheim verlegt, Kosten 20,15 RM;
Sigmund Marx, jüdischer Lehrer in Rothenburg, eingesessen vom 12. April bis 14. April, dann nach Ansbach verlegt, Kosten 1,49 RM. Marx hatte über die beiden Rothenburger SA-Männer Lassauer und Ulrich „staatsabträglich“ geredet. Das Nürnberger Sondergericht stellte das Verfahren ein, da sich die belastenden Zeugen widersprachen. Marx kam frei und wurde als jüd. Religionslehrer nach Speyer versetzt. Er wurde 1945 im KZ Auschwitz ermordet.
Hans Bögelein, Brauer in Rothenburg, eingeliefert am 12. April, noch in Haft, Kosten 13,77 RM;
Hans Hörber, Zimmermann in Rothenburg, eingeliefert am 12. April, noch in Haft, Kosten 13,77 RM;
Wilhelm Brehm, Schreiner in Rothenburg, eingeliefert am 12. April, noch in Haft, Kosten 13,77 RM;
Friedrich Uhl, Schreiner in Rothenburg, eingeliefert am 15. April, noch in Haft, Kosten 11,25 RM;
Gottfried Roppelt, Glaserlehrling in Rothenburg, eingesessen vom 15. April bis 16. April; Kosten 0,74 RM;
Hans Appler, Maurer in Rothenburg, eingeliefert am 16. April, noch in Haft, Kosten 10,81 RM;
Georg Lindner, Kommissionär in Rothenburg, eingesessen vom 20. April bis 21. April, dann nach Uffenheim verlegt; Kosten 1,17 RM.
Gemäß den Schutzhaft-Bestimmungen forderte der Vorstand des Rothenburger Amtsgerichtsgefängnisses, Oberamtsrichter Grüber, für den Monat April 1933 vom Ministerium den Innern insgesamt 224,40 RM.
Mai 1933: Gefangene wurden auch rasiert und die Haare geschnitten
Im Monat Mai 1933 waren es 107,61 RM für 14 Schutzhaft-Gefangene für insgesamt 134 Tage. Die Gefangenen waren:
Peter Bär, Schreiner in Schillingsfürst, der schon im März eingeliefert und am 1. Mai entlassen wurde, Kosten 14 Pfennige;
Josef Bär, Maurer in Schillingsfürst, der ebenso im März verhaftet wurde und am 9. Mai entlassen wurde, Kosten 6,50 RM. Er ist nicht identisch mit dem jüdischen Viehhändler Josef Bär aus Windsbach, der am 17. Mai 1933 vom Sondergericht Nürnberg wegen „staatsabträglichen Äußerungen“ zu fünf Monten Gefängnis verurteilt wurde.
Hans Bögelein, Brauer in Rothenburg, der im Vormonat eingeliefert und am 28. Mai entlassen wurde, Kosten 20,77 RM;
Hans Hörber, Zimmermann in Rothenburg, gleich lang gesessen wie Bögelein, Kosten 20,77 RM;
Wilhelm Brehm, Schreiner in Rothenburg, gleich wie die beiden Vorgenannten; Kosten 20,77 RM;
Friedrich Uhl, Schreiner in Rothenburg, im Vormonat eingeliefert und am 16. Mai entlassen, Kosten 11,69 RM;
Hans Appler, Maurer in Rothenburg, ebenfalls im Vormonat verhaftet und am 22. Mai entlassen, Kosten 21,16 RM;
Karl Kitzinger, Gärtner in Gebsattel, eingesessen vom 9. Mai bis 13. Mai, Kosten 2,97 RM;
Albrecht Saalmüller, Koch in Rothenburg, vom 9. Mai bis 11. Mai, Kosten 1,49 RM;
Hans Zöllner, Sattlermeister in Rothenburg, e8ingesessen vom 9. Mai bis 11. Mai, Kosten 1,49 RM;
Hans Popp, Schlosser in Regensburg, ebenfalls vom 9. Mai bis 11. Mai, Kosten 1,49 RM;
Fritz Riedel, Sattler in Rothenburg, auch vom 9. Mai bis 11. Mai, Kosten 1,49 RM;
Wilhelm Stegmann, Diplomlandwirt und NSDAP-Gründer in Schillingsfürst, vom 15. Mai bis 16. Mai, Kosten 41 Pfennige. Wilhelm Stegmann war Gründer der NSDAP in Rothenburg. Er wurde 1933 verhaftet, weil er sich mit dem Gauleiter Streicher anlegte. Nachdem seinem Aufenthalt im Rothenburger Gefängnis kam er ins KZ und fiel 1944 in einem SS-Strafbataillon (siehe Link unten).
Auch stellte der Oberamtsrichter für den Monat Mai dem Ministerium des Innern die Ausgaben für Rasieren und Haareschneiden der erwachsenen Schutzhaftgefangenen in Rechnung. Laut Entschluss vom 27. März 1933 Nr. 4296 kostete das Rasieren 20 Reichspfennige und Haareschneiden 40 Rpfg. Im April kamen 20 Rasuren und 3 Haarschnitte zusammen, was insgesamt eine Summe von 4,20 RM ergab.
Aus der Liste ist ersichtlich, dass es am 9. Mai 1933 wohl eine Verhaftungsaktion gegeben hatte, bei der diese sechs Rothenburger Handwerker festgenommen worden waren. Nach der angegebenen Uhrzeit fanden die Verhaftungen von Albert Saalmüller nachts um 3.40 Uhr statt, die der fünf anderen Männer gleichzeitig um 8.45 Uhr.
Juni 1933: Nur noch drei Schutzhaft-Gefangene im Gerichtsgefängnis
In der Zeit vom 1. bis 30. Juni 1933 waren im Rothenburger Gefängnis lediglich drei Schutzhaftgefangene, für die das Gefängnis eine Summe von 5,42 RM erhielt, da einer von ihnen Selbstbeköstiger war. Offensichtlich ebbte die erste Welle der Schutzhaft-Festnahmen ab, darunter die von Juden, meist Sozialdemokraten und Kommunisten. Doch wurden die Schutzhaft-Festnahmen stets erweitert und brutalisiert bis hin zu den Konzentrationslagern und der „industriellen Ermordung“ der Schutzhaft-Gefangenen. Doch zurück zu den Schutzhaft-Gefangenen im Gerichtsgefängnis Rothenburg im Juni 1933. Das waren:
Friedrich Walz, Molkereigehilfe in Schillingsfürst, wurde am 24. Juni eingeliefert und war am Monatsende noch in Haft, Kosten 4,48 RM;
Friedrich Hörner, Gastwirt in Rothenburg kam am 30, Juni in Haft, er war Selbstverköstiger, Kosten 12 Pfennige;
Otto Schneider, Bildhauer in Rothenburg, ebenfalls am 30. Juni eingeliefert, Kosten 82 Pfennige.
Die Haftkosten für Personen, die auf Grund des Erlasses in Schutzhaft oder in polizeiliche Vorbeugungshaft genommen waren, wurden den kommunalen Polizeiverwaltungen nach gewissen Grundsätzen erstattet. Der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern gab ein Rundschreiben heraus, das auch den Landrat in Rothenburg und den Bürgermeister erreichte (S-V 2 Nr. 3698/35):
„1. Der Höchstsatz der erstattungsfähigen Haftkosten für die Verwahrung des Häftlings beträgt für jeden Häftling 1,50 RM täglich. Hiermit sind abgegolten alle Ausgaben für die Unterkunft einschl. Reinigung, Feuerung und Beleuchtung, für Durchsuchungen. Verpflegung und Bekleidung, für sonstige Bedürfnisse wie Rasieren und Haareschneiden, für Entlausen und eine etwaige ärztliche Behandlung, die vom Gefängnisarzt durchgeführt wird und keine besonderen Kosten verursacht. …
2. Fahrkosten für die Heimreise (nach einer Entlassung), falls die Schutzhaft vor der Überführung in ein Konzentrationslager aufgehoben wird; diese Kosten können nur für solche Häftlinge übernommen werden, die weder selbst noch mit Hilfe ihrer unterhaltspflichtigen Angehörigen über Barmittel verfügen…“
„Schutzhaft“ entwickelte sich zu einer Tötungsmaschinerie
Das System der „Schutzhaft“ entwickelte sich nach 1934 zu einer Maschinerie der Verfolgung, Verwahrung und letztlich der Ermordung von Regimegegnern und anderen missliebigen Personen. 1935 gab es für die Schutzhaft bereits sieben Lager: KZ Dachau, KZ Esterwegen, KZ Lichtenburg, KZ Sachsenburg, KZ Columbia-Haus in Berlin, KZ Oranienburg und KZ Fuhlsbüttel. In ihnen wurden etwa 7.000 bis 9.000 Gefangene festgehalten. Eine weitere Funktion bekam die „Schutzhaft“ als Mittel des Strafvollzugs. Die staatliche Gewalt lag allein in der Hand der Exekutivorgane Gestapo und SS, die beide über Heinrich Himmler nur Hitler selbst verantwortlich waren, der aber Himmler nicht „dreinredete“ und auch keine schriftlichen Vorgaben machte. Die genannten Machtträger hatten daher freie Hand, das System der Unterdrückung Andersdenkender aufs grausamste zu verschärfen und ihre nationalsozialistische Ideologie zu verwirklichen.
Siehe auch: Sondergericht (4): Siegmund Marx, jüdischer Lehrer, kam 1933 in Schutzhaft…“
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