Als 1938 Krieg drohte, der dann im September 1939 begann, brachen die Touristenzahlen in Rothenburg erst einmal ein. Übernachtungen für Juli 1939 beliefen sich auf lediglich 16.569 im Vergleich zu 28.199 im Vorjahr. Bis Anfang 1940 forderten sowohl das deutschen Arbeitsministerium als auch die Reichsbahn-Agentur darum, alle unnötigen Reise zu stornieren. Doch brachte der Krieg nicht das Ende des Tourismus. Im ersten Kriegsjahr, also von September 1939 bis September 1940 verzeichnete die Stadt 23.108 Übernachtungen. Im zweiten Kriegsjahr konnte die Zahl auf 45.347 verdoppelt und 1941/42 auf 47.180 erhöht werden. Diese Zahlen hielten sich bis 1944. Auch in Deutschland arbeitende ausländische Staatsangehörige machten in Rothenburg Urlaub. Der „Fränkische Anzeiger“ erinnerte sie am 21./22. Juli 1943 daran, dieses Privileg nicht zu missbrauchen und drohte mit Geld- oder Gefängnisstrafen, sollten die ausländischen Arbeiter nicht rechtzeitig an ihren Arbeitsplätzen wieder erscheinen.
„Soldaten-Urlauber-Treffen“ in Rothenburg
Der Krieg brachte noch verschiedene Arten von Reisenden nach Rothenburg. Von September 1939 bis August 1940 waren deutsche Evakuierte aus dem Saarland und Rheinland in der Stadt. Nach der Niederlage von Polen und Frankreich wurden deutsche Soldaten auch in Hotels aber auch in Familien einquartiert. Der Aufenthalt der siegreichen Soldaten in Rothenburg glich früheren KdF-Reisen. Die Straßen wurden mit Fahnen geschmückt und Begrüßungszeremonien inszeniert. Soldaten marschierten durch die Stadt und hörten sich auf dem Marktplatz vor dem Rathaus Reden der NS-Funktionäre an. Im Wildbad feierten Veteranen und Kriegsversehrte aus Westfalen, Franken, Sachsen, dem Sudetenland und dem Protektorat Böhmen und Mähren Treffen, um zu demonstrieren, dass die Wohlfahrt im nationalsozialistischen Deutschland ungebrochen ist (Fränkischer Anzeiger 11./13. August 1941). Im Jahr 1943 fand das 3. „Soldaten-Urlauber-Treffen“ satt und die Zeitung schrieb im September 1943, dass die einzigartige Kulisse der Stadt „eine unerschöpfliche Quelle der Kraft und ein ewiger und einziger Ort der Ruhe der deutschen Soldaten“ sei.
Öffentliches Restaurierungsprogramm der alten Häuser lief noch bis 1943
Da Urlauber immer nach Rothenburg kamen, wurden auch während des Krieges die touristischen Aktivitäten fortgesetzt. Bayerns NS-Ministerpräsident Ludwig Siebert besuchte Rothenburg, deren Bürgermeister er von 1908 bis 1918 war, im September 1941. Bei dieser Gelegenheit gab die Stadt der Oberschule den Namen des Ministerpräsidenten. Nach einer fast zweijährigen Pause unterhielten die Einheimischen ihre Touristen wieder mit zwei Aufführungen des historischen Festspiels „Der Meistertrunk“. Restaurierungsarbeiten an den historischen Häusern der Stadt gingen trotz Kriegslasten und Bauverbot mit dem Motto weiter, „in unverminderter Hingabe trotz des Krieges einen wertvollen Beitrag zum kulturellen Leben der deutschen Nation“ zu leisten, wie der Fränkische Anzeiger am 29. August 1940 schrieb. Johannes Oertel, der Bildhauer des NSDAP-Denkmals im Burggarten, beendete die Wiederherstellung der Fassade des Baumeisterhauses. Die Restaurierung des malerischen Plönlein wurde bis 1941 fortgesetzt. Noch bis Juli 1943 stellten die bayerische Regierung Mittel zur Erhaltung des Restaurierungsprogramms der Stadt zur Verfügung, wie aus Unterlagen des Bezirksamtes Rothenburg (Rep. 212/15) hervorgeht.
Kauf von kleinen „Nusch“-Figuren ein „Akt für die Rettung des Vaterlands“
Als die „Durchhalte“-Propaganda im Reich auf dem Höhepunkt war, Goebbels letzter Propaganda-Film „Kolberg“ mit Heinrich George gezeigt wurde, der den Durchhaltewillen der pommerschen Stadt gegen die Truppen Napoleons dokumentierte, verkaufte Rothenburg schon viele Monate vorher kleine „Nusch“-Figuren. Altbürgermeister Georg Nusch rettete im Dreißigjährigen Krieg die protestantische Stadt vor der Plünderung der Soldateska des katholischen Feldherrn Tilly. „In einer Zeit, in der das ganze deutsche Volk seine ganze Kraft des Willens und seine komplette Arbeitsleistung verwenden muss, um den endgültigen Sieg zu gewinnen, muss die Form der Retter von Rothenburg daher in der vordersten Stelle stehen“, hieß es zur Begründung. Der Kauf einer Nusch-Figur war ein „Akt für die Rettung des Vaterlandes.“
Trotz Durchhalteparolen verschwanden NS-Funktionäre vorzeitig
Rothenburg wurde wie viele andere Städte 1945 bombardiert. Dabei hatte Rothenburg noch Glück, dass nur etwa 40 Prozent der Stadt in Schutt und Asche gebombt wurde (siehe Bericht an anderer Stelle). Das hinderte die NS-Funktionäre in Rothenburg allerdings nicht, martialisch zu erklären, dass „Rothenburg bis zum letzten Mann verteidigt“ werde. Zwei Wochen später ergab sich die Stadt den amerikanischen Streitkräften. Da waren die NS-Bonzen schon längst geflüchtet.