W. St. – Acht deutsche hochqualifizierte Experten, die dem Währungsausschuss des Wirtschaftsrates angehörten, feilten 1948 zusammen mit Vertretern der Militärregierungen der USA, von England und Frankreich 49 Tage lang am Programm der Abschaffung der Reichsmark und dem der Einführung der Deutschen Mark. In einer Kasernenanlage nahe Kassel abgeschirmt, legten sie in strikter Geheimhaltung den 21. Juni 1948 als Stichtag für das neue Geld fest. Mit einer Währungsreform rechnete die Bevölkerung schon seit 1946. Immer wieder tauchen in den Ratsprotokollen der Stadt von 1947 Hinweise auf eine bevorstehende Reform des Geldes auf. Dieser „Tag X“ spukte in den Köpfen von Kaufleuten, Politikern und Konsumenten.
Der 21. Juni 1948 war ein Sonntag, als jeder Bewohner der drei Westzonen einen „Kopfbetrag“ von zunächst 40 DM im Umtausch gegen 40 RM erhielt. Wenige Monate später erfolgte eine zweite Kopfgeldrate von 20 DM. Für alle wiederkehrenden Leistungen wie Löhne, Mieten, Pachten oder Renten schrieb das Währungsgesetz einen Umstellungskurs von 1 RM = 1 DM vor. Im Laufe der ersten Woche der Währungsreform waren bereits etwa fünf Milliarden frisch gedruckter Deutscher Mark im Umlauf – eine Glanzleistung der Verwaltung. Tonnenweise landete Altgeld auf dem Müll.
Statistisches Kopfgeld in Rothenburg: 15.650 DM
Am 20. Juni 1948 wurden in den Rothenburger Banken die legendären 40 Reichsmark in die neue Deutsche Mark umgetauscht. Dies waren die Filiale der Bayerischen Vereinsbank, die Rothenburger Volksbank, die Stadt- und Kreissparkasse sowie die Zweigstelle in Schillingsfürst. Für jeden Bürger wurde von der Regierungshauptkasse Ansbach für Rothenburg ein Kopfgeld pro Bürger in Höhe von 15.650 DM zur Verfügung gestellt. Darin enthalten waren die 40 DM Umtauschquote für jeden und dann Abwicklung der Guthaben. Spätestens bis zum 28. Juni 1948 hatten alle Banken im Amtsbezirk Rothenburg ob der Tauber die bei ihnen von Bürgern abgegebenen Guthaben-Anmeldeformulare beim Finanzamt abzugeben. Denn für höhere Bankguthaben mussten im Verfahren der Währungsreform vom Finanzamt erst einmal „Unbedenklichkeitsbescheinigungen“ ausgestellt werden. Erst dann wurde die Hälfte des Altgeldkontos von der Abwicklungsbank nach erfolgter Abwertung freigegeben. Für das Ausstellen der Unbedenklichkeitsbescheinigungen wurden den Banken Termine bis zum 3. Juli gesetzt. Dies betraf die Konten von Gewerbetreibenden ebenso wie für die von Selbstständigen und Bankkunden, deren Konto mehr als 10.000 Reichsmark aufwies.
Stadtrat warnte vor Betrugsversuchen
Wer beim offiziellen Umtauschtag, den 20. Juni 1948, mehr als 40 Reichsmark ablieferte, hatte nur dann Anspruch auf eine zweite Kopfgeldauszahlung, wenn er keinen Altgeldbestand auf Bankkonten hatte. Das musste er beeiden. Dann konnte er am 6. September in der Kartenstelle im Sitzungssaal des Rathauses, damals noch in der Herrngasse 17, sein über die 40 DM hinausgehenden DM abholen. Der Stadtrat wies am 3. September im Amtsblatt (Nr. 36) vorsorglich darauf hin, dass der, der dies falsch beeidet, sich des Betrugs schuldig mache. Die Finanzämter würden dies streng prüfen. „Es wird daher dringend vor allen Versuchen Unberechtigter, bei der Kartenstelle die Auszahlung des restlichen Kopfbetrages zu beantragen, gewarnt.“ Ob es Missbrauch gegeben hat, ist bis jetzt nicht bekannt.
Die Stadt Rothenburg verlor am Umtauschtag 1,16 Millionen RM
Eine schwere Belastung für die städtischen und privaten Bauvorhaben brachte die Währungsumstellung von Reichsmark auf D-Mark am 21. Juni 1948. An diesem Tag gingen in Westdeutschland ein Milliardenvermögen in Reichsmark verloren. Auch die Stadt Rothenburg verlor an diesem Tag 1,16 Millionen Reichsmark. Dies drückte auf die Bautätigkeit. Doch nach kurzer Zeit konnte weitergebaut werden. Nach der Währungsreform wurde auch das Krankenhaus-Projekt vollendet.
Die Währungsreform – danach waren die Schaufenster gefüllt mit Gemüse und Genussmitteln in Hülle und Fülle – kann als die restlose und endgültige Bankrotterklärung des Deutschen Reiches angesehen werden; weit über 400 Milliarden Reichsmark an Verschuldung hinterließ das Nazi-Regime. Dafür musste vor allem der kleine Mann herhalten. Denn Ersparnisse und Guthaben wurden im Verhältnis von 10:1 umgestellt; bald darauf gab es bei Sparguthaben nur noch 65 Deutsche Pfennige für zehn Reichsmark. Die Reichen, die es immer noch und wieder gab, litten unter dieser Zwangsmaßnahme weniger, trotz eines gut gemeinten, aber letztlich wenig wirkungsvollen Lastenausgleichs. Aktionäre kamen meist verlustlos davon, ebenso die Grundbesitzer. Keine Spur von gleichen Startchancen. Im Sparstrumpf der kleinen Leute blieb nichts. Die Wohlhabenden, die Aktionäre, die Grundbesitzer standen in den Startlöchern des Aufstiegs.
Sehr geehrter Herr Stegemann,
durch die Vorbereitung der Mitgliederversammlung einer Sterbekasse, gegründet 1923, bin ich auf diese sehr interessante, beeindruckende und aufschlussreiche Webseite gestoßen.
Es geht um die Umrechnung der in Reichsmark gezahlten Beiträge auf Euro.
In dem Artikel “Währungsreform 1948 – Schlangestehen für 40 Deutsche Mark” wird der 21. Juni 1948 als Sonntag genannt. Tatsächlich war es ein Montag. Der 20. Juni 1948 war ein Sonntag.
https://geboren.am/20-juni-1948
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Prüne